StarkVital Nr 37
RVG: Danke für die Frage, Jean-Pierre, denn das ist ein sehr wichtiger Punkt, der uns jeden Tag beschäftigt. Als Resultat meines dramatischen Erlebnisses haben wir die gemeinnüt zige Selbsthilfe-Plattform www.thebrightyou.com ins Leben gerufen. Es ist uns eine Herzensangelegenheit, die Betrof fenen aufzufangen und ihnen mentale Stütze zu bieten. In regelmässig durchgeführten ZOOM-Meetings bieten wir den Geschädigten die Möglichkeit für einen gegenseitigen Aus tausch und geben Tipps und Techniken an die Hand, wie sie aus den immer wiederkehrenden Tiefs rausfinden und das traumatische Erlebnis verarbeiten können. Ich selbst habe diese Techniken in der tiefsten Phase auch durchgeführt und praktiziere diese bis heute. Bei einigen Betroffenen reichen die monatlichen Treffen nicht aus, sodass sie immer wieder unsere individuelle Unterstützung benötigen, welche wir ihnen natürlich auch bieten. Selbstverständlich sind alle diese Leis tungen für die Geschädigten und Angehörigen unentgeltlich, aber dennoch muss die Plattform unterhalten und finanziert werden. Unser Ziel ist es, für THE BRIGHT YOU eine gemein nützige Stiftung zu gründen, mit der wir über Spenden und Gönnerbeiträge unsere Plattform unterhalten und unsere Akti vitäten auch ausbauen können. Die nötige Finanzierung hierfür ist aber noch ausstehend. Dadurch dass wir uns intensiv mit dem Thema auseinander setzen, sehen wir, wo überall Handlungsbedarf besteht. Des halb setzen wir uns dafür ein, dass wir Schulungen und Work shops für die Sensibilisierung auf das Thema Online-Betrug an Schulen und Unternehmen aufbauen können. Unser Ziel ist, dass wir mit den Einnahmen daraus einen Teil unserer Stiftung mitfinanzieren können. Für meinen eigenen Lebensunterhalt arbeite ich in diversen Teilzeit-Jobs und versuche, mich damit über Wasser zu halten, was eine grosse Herausforderung darstellt. Zum einen ist es mein Alter und zum anderen ist es, dass ich nicht 100% für jemanden arbeiten kann. Natürlich wäre es höchstwahrschein lich dann einfacher, einen Job zu finden. Jedoch unser Pro jekt, andere Geschädigte aufzufangen und in der Gesellschaft hinzustehen, damit sich etwas ändert, ist mein Lebensprojekt geworden. Es ist höchste Zeit, dass die Gesellschaft wach gerüttelt und sensibilisiert wird, denn der immense Erfolg der Betrüger zeigt klar auf, dass wir ein grosses Problem haben und endlich hinschauen müssen. Es nützt nichts, von aussen zu verurteilen und zu bewerten und den klugen Satz auszu sprechen, wie «selbst schuld». Es ist wichtig zu verstehen, dass das Schweigen und Verdrängen des massiven Problems in der Gesellschaft die Verbrecher immer noch erfolgreicher werden lässt. Mit der weltweiten Schadenssumme von meh reren 100 Milliarden USD muss ich nicht extra erwähnen, dass es jeden treffen kann. Da geht es nicht mehr darum «selbst schuld und halt zu gierig» zu denken und damit ist das Thema beendet. Ich werde keine Ruhe geben, bis wir, und vor allem unsere konstruktiven Ideen, endlich Gehör finden. Dieser Ent scheid bringt mich momentan in meinem Leben sehr ins Stol pern, aber ich kann nicht warten, bis ich finanziell stabil bin und dann erst handeln. Die Betroffenen brauchen mich und uns jetzt, und es muss jetzt etwas geschehen und geändert werden. Man hat schon viel zu lange zugeschaut und zuge wartet. Diese Vogel-Strauss-Politik schadet schlussendlich auch der ganzen Wirtschaft und Gesellschaft. JPS: Danke dir für dieses doch sehr offene und persönliche Interview.
RUTH VAN DE GAER STURZENEGGER (Jahrgang 1970): «Ich glaube daran, dass alles möglich ist, man muss es einfach nur tun, denn Aufgeben ist keine Option.» Ruth Van de Gaer Sturzenegger ist in St. Gallen aufge wachsen, Betriebsökonomin FFHS, Mutter einer Toch ter und eines Sohnes, sowie seit 2018 Grossmutter eines Enkels. Sie liebt u.a. HIIT Training, ein Training ausserhalb der Komfortzone, denn es gibt ihr nebst der Ausdauer auch die mentale Stärke und einen unendli chen Durchhaltewillen. Als junge Mutter lernte Ruth Van de Gaer Sturzeneg ger sich sehr schnell, auf ihre grossen Ziele zu fokus sieren um diese schrittweise mit Kind, Studium und Arbeit erfolgreich zu erreichen. Mit 20 Jahren bot man ihr Aufträge auf dem Laufsteg an, was sie dann wäh rend 8 Jahren nebenberuflich mit Freude machte. Im Geschäftsleben holte sie sich in verschiedenen Bran chen Erfahrungen, bis sie sich auf die Finanzbranche festlegte, zuerst im Bereich Capital Markets und dann im Eventmarketing Trading, was ihr sehr gut gefiel. Ihr Fitnessunternehmen Beachup Camp führt sie immer noch, jedoch änderte sie den Namen anfangs 2024 auf Think Bright. Der Grund dafür waren gewisse Anpas
sungen und eine Erweiterung des Angebots. Seit 2023 hat sie nebst ihrem Buchprojekt «Nichts gegen eine Million»
mit ihrer Geschäftspartnerin die gemeinnützige Platt form http://www.thebrightyou.com ins Leben geru fen, die sich dem Wohl von Personen, die durch Online Betrug geschädigt wurden, widmet und mentale Unter stützung Betroffener, Selbsthilfegruppen, Forschung, Aufklärung, Sensibilisierung, Netzwerkbildung und Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet.
Ayda Ergez & Ruth VdG-Sturzenegger Wir haben thebrightyou.com ins Leben gerufen, um gezielt Geschädigte mit Hilfsangeboten zu unter stützen und gleichzeitig in enger Zusammenarbeit mit offiziellen Institutionen Präventionsarbeit durch Vorträge und Konferenzen zu leisten. Unser Ziel ist es, Informationen bereitzustellen, Prä vention zu betreiben, Aufklärung zu leisten sowie Geschädigten und ihren Angehörigen Betreuung und Unterstützung anzubieten. Dabei agieren wir aus schliesslich gemeinnützig und verfolgen keine profit getriebenen Ziele.
STARKVITAL 60+ Nr. 37
9
Made with FlippingBook - professional solution for displaying marketing and sales documents online