StarVital Nr 36
Bigorexie Wenn die Muskelmasse nie ausreicht
Im Zeitalter der sozialen Medien ist der perfekte Kör per allgegenwärtig. Vergleiche zwischen sich selbst und den Abgebildeten, auch bei retouchierten Auf nahmen, sind spontan. Das Gefühl, dass der eigene Körper unzulänglich ist und nicht die richtigen Propor tionen hat, kann bedrückend sein und einen gewissen Druck erzeugen, dem Idealbild zu entsprechen. Wenn man davon überzeugt ist, der eigene Kör per sei zu dünn und nicht muskulös genug im Ver gleich zu den idealen Parametern, geht man einfach online, um Tipps zu finden, wie man einen bestimm ten Körperbau erreichen kann, welche Diät zu befol gen ist und wie man trainieren sollte. Bigorexie (Muskeldysmorphie) heisst der zwang hafte Wunsch, einen immer muskulöseren Körper zu erlangen. Die Fixierung kann zu einem verfolgenden Gedanken werden, der die Tagesstruktur beherrscht, und führt zu Verhaltensweisen, die schwer zu kont rollieren sind. Das Streben nach dem begehrten Kör perbau sprengt die Gewohnheiten, drängt sich in den Mittelpunkt der täglichen Aufgaben. Ein Training aus fallen zu lassen, bedeutet, sich mit seinem Gewissen zu befassen, denn Schuldgefühle sind quälend. Diese Störung ist zunehmend verbreitet und betrifft vorwiegend Männer. Im deutschsprachigen Raum wird dieses unkontrollierbare Verhalten auch Ado nis-Komplex benannt nach dem Gott aus der grie chischen Mythologie, der als Ideal männlicher Schönheit galt. Übermässiges Training Das Hauptproblem bei Bigorexie ist der zwang hafte Drang, exzessiv zu trainieren, den Körper weit über seine natürlichen Grenzen hinaus zu belasten und dabei eine grosse Willenskraft zu zeigen. Bei Männern führt diese Besessenheit zu übermässi gen und erschöpfenden Krafttrainings mit steigen den Gewichten, um eine unrealistische Zunahme der Muskelmasse zu verfolgen. Der Wunsch, immer grösser und stärker auszusehen, veranlasst Män ner, sichere Regeln für das Gewichtheben zu mis sachten, um das begehrte Aussehen zu erreichen.
Die Betroffenen eignen sich ein tiefes Wissen über Ernährung an und befolgen strenge Diäten, die oft mit Kalorienzählen, ausschliesslichen Verzehr von fettarmen Lebensmitteln und hoher Proteinzufuhr verbunden sind. Sie überprüfen ständig ihr eige nes Aussehen im Spiegel, um festzustellen, dass ihr Körper nicht stark genug ist. Die Gefahren Um die Muskelmasse so schnell wie möglich zu ver grössern, können Menschen mit Bigorexie auch ille gale oder rezeptfreie Drogen einnehmen, wie ana bole Steroide, die Nebenwirkungen verursachen (Verkleinerung der Hoden und Unfruchtbarkeit), Medikamente, die das Körperfett reduzieren (Appe titzügler oder Fettverbrenner), Nahrungsergänzungs mittel (Proteine) in überhöhten Dosen oder leistungs steigernde Mittel (z.B. Kreatin). Diese Form der körperdysmorphen Störung weist in ihrem Verlauf gewisse Ähnlichkeiten mit der Mager sucht (Anorexie) auf, bei der man sich auf einen ver meintlichen Makel im eigenen Aussehen fixiert - den übrigens andere nicht einmal bemerken, da diese Lücke nur in der Vorstellung der Betroffenen existiert, die exzessiv mit ihrem Aussehen beschäftigt sind.
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STARKVITAL 60+ Nr. 36
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