FT 106 - Jahr 2007

BeBalanced!

BeBalanced! Schön,

dass es Jogger gibt

Manuela Böhme

Auch wenn viele Menschen mittler weile vom Walking oder Nordic Wal king begeistert sind, lässt sich die ein geschworene Jogger-Gilde nicht von der neuen Gangart überzeugen. Laufen ist eben laufen. Nicht immer geht es dabei um sportliche Höchstleistungen. Laufen ist Lebensgefühl. Die einen befriedigen ihre Lust auf Luxus durch hochmo dische Bekleidung und entsprechende Läufer-Accessoirs. Und natürlich wird dafür auch eine Bühne benötigt. Was nützt der schönste Look, wenn er nicht beachtet wird. Diese Läufer trifft man nie um 06.00 Uhr morgens im Stadt park. Eher schon am Wochenende, wenn andere ihren Verdauungsspaziergang unternehmen. Immerhin ist der Sonn tagnachmittag Garant für eine grosse Zahl an „Zuschauern“. Eine weitere Sorte Läufer sind diejenigen, die davon besessen sind, wenigstens einmal im Leben einen Marathon zu laufen. Allein beim Hamburg Marathon laufen jähr lich ca. 20.000 Menschen. Wir glauben doch nicht wirklich, dass alle 20.000 tatsächlich körperlich für diese Tortur vorbereitet sind, oder? Es handelt sich immerhin um eine Strecke von 42,195 km. Was im Körper eines Sport-Laien vor sich geht, sieht ungefähr so aus: 0 – 5 km : Die meisten Messwerte sind auf das Höchstmass angestiegen. Beim Amateur ist jetzt bereits eine Herzfre quenz von 175 Schlägen pro Minute erreicht. 5 – 20 km : Die Körpertemperatur liegt jetzt ca. bei 38 Grad. Das Herz arbeitet auf Hochtouren. Der Amateur beginnt jetzt mehr Fett zu verbrennen, da der Kohlenhydratspeicher langsam leer wird. Der Cortisol-Wert ist deutlich höher als beim Start. 20 – 30 km : Die Körpertemperatur ist weiter gestiegen. Der Laktatwert hat sich seit dem Start mehr als verdoppelt. Die Muskeln sind übersäuert und über lastet, die Beine beginnen weh zu tun. 30 – 42 km : Die Körpertemperatur liegt bei 39 Grad, der Puls des Amateurs bei 145. Der Läufer hat ca. 4 l Flüssigkeit

verloren, 3 kg abgenommen und ist um ca. 1,5 cm kleiner, weil die Zwischen wirbelscheiben entwässert wurden. Das kurz andauernde Glücksgefühl durch erhöhte Endorphin-Ausschüt tung während eines anstrengenden lan gen Laufes ist sicherlich auch ein Grund für das in Kauf nehmen von so hoher körperlicher Belastung. Aber auch ohne Marathon gibt es genü gend Herausforderungen für den Jogger: Hunde, Baumwurzeln, herunter gefal lene Äste, ausgelatschte Schuhe. Ver letzungen sind keine Seltenheit. Jedoch geht es hier weniger um unfallbedingte, akute Verletzungen. Davon sind Läufer eher selten betroffen. Verstauchungen des Knies, Prellungen und Blutergüsse, Meniskusrisse oder Knochenbrüche fin det man eher bei Ball- und Mannschafts sportarten. Häufig kommt es jedoch zu einem Umknicken des Fusses nach aus sen – medizinisch Supinationstrauma genannt. Von so verursachten Verlet zungen im Bereich des Sprunggelenks – die zu den häufigsten Verletzungen im Sport überhaupt gehören – bleibt leider auch der Läufer nicht verschont. Die Stabilität des Fusses kann schon durch eine kurze Unaufmerksamkeit, einen kleinen Fehltritt oder eine geringe Bodenunebenheit gefährdet werden. Ein Wegknicken des Fusses wird dadurch begünstigt. Egal, wo man gerade läuft: Ein Umknicken des Fusses kann prak tisch immer und überall vorkommen und ist zumeist eine sehr schmerzhafte Angelegenheit. Oft weiss man nicht genau, was passiert ist, doch in den mei sten Fällen kommt es zu einer Verlet zung der Aussenbänder am Fuss. Auf unebenem Untergrund oder durch ein „Vertreten“ kippt der Fuss auf die Aussenkante. Dadurch können die sichernden Aussenbänder überstrapa ziert werden, wonach sie schliesslich überdehnen und im Extremfall auch reissen. Es können einzelne oder meh rere Bänder betroffen sein und auch die Gelenkkapsel kann in Mitleidenschaft geraten sein.

Eine rasch einsetzende Schwellung nach einem heftigen akuten Schmerz ist meist ein Zeichen von Bänderriss. Der Bereich der Bänder am Aussenknöchel ist dann stark druckschmerzhaft und eine Anhe bung des Fussinnenrandes, wird ebenso von heftigen Schmerzen begleitet. Oftmals wird die Verletzung unter schätzt, da es sein kann, dass der akute Schmerz nach kurzer Zeit nachlässt. Man läuft einfach weiter und verzichtet vielleicht auf einen Arztbesuch, obwohl der Knöchel noch geschwollen ist. Komplett gerissene Bänder bereiten unter Umständen schon bald nach der akuten Verletzung kaum noch Beschwer den, da die Instabilität des Fusses durch eine gut trainierte Muskulatur vorüber gehend kompensiert werden kann. Nur der Arzt kann eine sichere Diagnose stellen. Denn immerhin könnte durch das Umknicken ein Knochenbruch im Bereich des Sprunggelenks entstan den sein. Ein Röntgenbild gibt darüber genaue Auskunft. Wird die Bandverletzung nicht behan delt, kann es zu einer Dehnung des Bandes kommen. Eine andauernde Instabilität mit immer wieder auftre tenden Zerrungen beziehungsweise Fasereinrissen im Bandapparat sind die Folge. Nach einem Umknicken sollte auf keinen Fall weiter gelaufen werden. Das Sprunggelenk muss mit einer Kalt Kompresse (Icepack) versorgt werden. Zur Vermeidung einer weiteren Ausdeh nung der Blutung und damit eines wei teren Anschwellens sollte der betroffene Fuss ausserdem hoch gelagert werden. Alles Weitere entscheidet der behan delnde Arzt. Zur Erlangung der vollen Funktions fähigkeit ist die Nachsorge von grosser Wichtigkeit. Hier kommen die Bewe gungsfachleute ins Spiel. Zunächst muss die Bandverletzung vollkommen auskuriert sein, um mit der Nachsorge zu beginnen. Auch wenn das Laufen für mehrere Wochen eingestellt werden muss, ist eine frühzeitige Mobilisation – natürlich nur nach Absprache mit dem

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