FITNESS TRIBUNE Nr. 141 Archiv aus dem Jahr 2013

Damit sind wir in den Neunzigerjahren angelangt. Mit dem postmodernen Credo „everything goes“ trat auch in der Fitnessindustrie ein Phänomen auf, an das wir uns in der Elektronikindustrie schon fast gewöhnt haben: der programmierte Zerfall. Ein Drucker ist bei spielsweise darauf programmiert, nach Ablauf der Garantie kaputt zu gehen. In der Fitnessbranche wer den in immer schnellerer Folge „Trends“ und Moden kreiert, die einen Fortschritt suggerieren. „Aqua-Fit ness“ – um nur eine der zahlreichen unsinnigen Moden zu erwähnen, schaffte sogar den Einzug in Rehabilita tionskliniken. Das ist insofern nicht verwunderlich, als heute selbst öffentliche Institutionen wie Universitäten, unter dem Diktat betriebswirtschaftlicher Effizienz ste hen – alles auf Kosten inhaltlicher Qualität. Gestern war „Zumba“ der neuste Trend, heute lanciert der schwächelnde Turnschuhhersteller Reebok mit „Crossfit“, eine krude Mischung von Ausdauer- und Kraftübungen und bezeichnet dies als „Revolution“. Lange vor Reebok war dies das Konzept von Friedrich Ludwig Jahn (1786-1852). Was dürfen wir als nächste „Revolution“ erwarten? Ein verwaschenes Berufsbild Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit – das ist alles, was mit Training erreicht werden kann. Für stets nach Kom petenzerweiterung suchende Bürokraten ist das zu wenig. Dass Fitnesstrainer von vielen Kunden als bera tende Instanz betrachtet werden ist naheliegend. Das selbe Phänomen kennt man auch bei Friseuren. Dass nun aber die Fitnesstrainer zu Psychotherapeuten, Ernährungsberatern und Seelsorgern mutieren sollen, ist eine Wunschvorstellung jenseits jeden Realitätsbe zugs. Der Versuch des Schweizer Fitness- & Gesund heitscenter Verbandes, derartige Kompetenzen im Rahmen einer Berufslehre unterzubringen, kann nur zu einem pseudowissenschaftlichen und nicht unpro blematischen Dilettantismus führen. Einem Maurer oder Gipser die Kompetenz und Verantwortung eines Architekten aufzubürden, wäre verantwortungslos und würde wohl kaum jemanden in den Sinn kommen. Wie grenzt sich der Fitnesstrainer vom Psychologen, Bio chemiker, Physiotherapeuten und Sportwissenschaft ler ab, von Leuten also, die ein umfangreiches Studium ihrer Materie hinter sich haben? Also, was soll das? Wer oder was ist hier der Vater des Gedankens? Ist es das Streben nach mehr öffentlicher Anerkennung oder schlicht der Versuch, via Diversifikation den Ver kaufsumsatz zu erhöhen? Ein anderer Weg wäre aus sichtsreicher: Die Fitnesstrainer sollten ihr Fachgebiet (Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit) definieren und inner halb dieses Rahmens vertiefen. Das würde zum Anse hen der Branche mehr beitragen als das verschwom mene Berufsbild eines „Hans Dampf in allen Gassen“. „In der Fitnessbranche bewegt sich alles – nur der Verstand steht still“ Dieser Satz aus dem Buch, „Die Seele der Muskeln“ löste vor bald 15 Jahren vehementen Protest aus (siehe Fitness Tribune Nr. 54). Doch gilt er heute mehr denn je. Anerkennung erreicht man durch Eigenstän digkeit. Eigenständig wird man durch die Schärfe der Definition und Klarheit der eigenen Tätigkeit. Eine Empfehlung zum Schluss? Wenn schon Anglizismen, dann diesen: „Back to the roots!“ .

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