StarkVital Nr. 38 Magazin

Eine Frau allein durch die Wüsten

Die Wüstenfrau An den Grenzen des Lebens Carla Perrotti, 288 Seiten, National Geographic Die Ténéré (Niger), der Salar de Uyuni (Bolivien) und die Kalahari (südliches Afrika) zählen zu den gefährlichsten Wüstenregionen der Erde. Carla Perrotti hat sie dennoch

In der Stille des Sandes Allein durch die Takla Makan und die Simpson Desert Carla Perrotti, 240 Seiten, Frederking & Thaler Nach der Ténéré, der Kalahari und dem Salar de Uyuni vollendete Perrotti mit der Takla Makan und dem Simpson Desert ein beispiel loses Unternehmen: allein und zu Fuss durch

die grössten Wüsten der Welt. Über rote Dünen, die sich über 170'000 Quadratkilometer erstrecken, bei Tagestemperaturen von über 50 Grad und bitterkalten Nächten, legte sie in dem Simpson Desert in nur 20 Tagen 430 Kilometer zurück: der Wille, Körper und Psyche extremen Bedingungen auszusetzen und die Selbsterfahrung in der Einsamkeit.

bereist. Als erste Frau durchquerte sie in einer Kara wane der Tuareg die Ténéré. Allein gelang ihr als erster Menschen überhaupt die Durchquerung des Salar de Uyuni. Auf ihrer dritten grossen Tour führte sie ihr Weg über die Kalahari zu dem faszinierenden Volk der Buschmänner.

«Die Wüste ist ein physischer und spiritueller Ort, an dem alles fehlt, aber auch nichts gebraucht wird.»

Die 1947 in Mailand geborene Carla Perrotti ist die erste und einzige Frau, die zwischen 1991 und 2008 fünf Wüsten auf vier Kontinenten im Alleingang durchquert hat. Um solche Herausforderungen erfolgreich zu meistern, bedarf es eine intensive Vorbereitungsarbeit mit Gymnastik, Laufen und massgeschneiderten Diäten. Sie wurde von einem Coach begleitet, mit dem sie täglich im Fitnessstudio an Geräten und beim Laufen im Freien trainierte. Ein Arzt für Sportmedizin und sein Team kümmerten sich um die medizinischen Untersuchungen vor und nach dem Rennen. «Gott hat die Wüste geschaffen, damit der Mensch seine Seele wiederfinden kann.» Hier sind ihre Eindrücke: «In der Wüste finde ich grosse Gelassenheit und inneres Gleichgewicht: Die Wüste gibt mir ein Gefühl von Schutz. Und dann ist da noch die Magie der Stille, die man nur dort wirklich spüren kann. Die Beziehung zwischen Geist und Körper ist perfekt, wenn man eine Wüste durchquert. Man lernt, seinen Körper kennen und auf ihn zu hören, und der Geist wird von all den Konditionierungen befreit, die uns im Alltag begleiten. Ein grossartiges Gefühl des Wohlbefin dens, innerlich und äusserlich. Die langen einsamen Stunden in den Wüsten der Welt haben mich gelehrt, mich selbst kennen zu lernen, tief in meine Seele einzudringen, um Gleichgewicht und verbor gene, schlummernde Gedanken zu finden. In dieser Umgebung sind die Schritte mühsam und lang

sam und erzählen von der Mühe des Vorwärtsgehens unter der Sonne, mit Sand und Steinen im Weg, dem Wind und der Kälte der Nacht, beschwert von den hohen Lasten, mit Schuhen, die bei jedem Schritt einsinken, und den wunden und schmerzenden Füssen, die einen denken lassen. Ich trage einen Rucksack, der bis zu 25 Kilo wiegt. Es reicht nicht aus, den Körper vor der Abreise vorzuberei ten, auch der Geist muss vorbereitet werden. Die grosse Arbeit findet jedoch direkt in der Wüste statt: Es ist fast unmöglich, im Voraus zu wissen, welche Schwierigkeiten auf einen zukommen werden. Der schönste Moment ist jedoch, wenn ich aufbreche und die Hektik der Vorbereitun gen hinter mir lasse. Endlich allein mit der Wüste!» 2008, mit 61 Jahren , unterstützt durch ihr spontanes soziales Engagement, kehrte die Wüstenfrau in die weisse ägyptische Wüste zurück, um einen sehbehinderten Mara thonläufer zu begleiten und als Wegweiser zu dienen, mit dem sie 250 Kilometer zurücklegte. Die Desert Therapy (Wüstentherapie) 2009, im Alter von 62 Jahren , beschloss die Athletin, ihre Erfahrungen zu teilen, indem sie normale Menschen beglei tete, um die Wüste auf geschützte Weise kennen zu lernen. «Wenn du das perfekte Gleichgewicht zwi schen Körper und Geist erreicht hast, treibe dich selbst voran, auf der Suche nach der äussersten Grenze. So wirst du verstehen, dass sie nur in dir selbst existiert.»

STARKVITAL 60+ Nr. 38

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