Stark Vital Nr. 27

Karin Albrecht Kolumne

Altern ist ein Glück Jede Alternative ist schlechter, Antara-Training Schweiz – star education Schweiz

Ja, ich verstehe, wenn Sie beim Lesen des Titels meiner Kolumne zunächst gestutzt haben, denn üblicherweise denkt man im Zusammenhang mit Alter an Unbill und Schwäche. Somit sind wir uns einig, dass es nicht um die Frage geht, ob wir altern, sondern darum, wie wir es tun, um die geschenkten Lebensjahre so angenehm und dankbar geniessen zu können wie möglich. Zunächst einmal bedeutet älter werden, reifer, sicherer, kompetenter und routinierter zu werden, wodurch sich das Leben für die meisten Menschen einfacher und angenehmer gestaltet. Es kann eine Lebensphase mit vielen Freiheiten und grossem Freiraum, freiwilligen Pflichten und selbst gewähl tem Engagement sein – eine privilegierte Zeit. Doch dann häufen sich die Momente, die einen Abbau bewusst und teils schmerzlich spürbar werden lassen. Einige versuchen, dem entgegenzusteuern, indem sie sich regelrecht an die Jugend klammern, sich ständig mit Jun gen messen – ein Verhalten, das schnell peinlich werden kann. Beispiele sind der erfolgreiche Personal Trainer oder Sportlehrer, der sich noch im hohen Alter mit seinem Kör perfettanteil brüstet, oder die über 60-jährige Frau, die auf unterschiedlichste Arten optimiert und super trainiert in der Presse als «Fitness-Oma» bezeichnet wird. Ist das nicht furchtbar? So sollte es nicht sein. Für mich bedeutet älter werden, sich nicht mehr beweisen zu müssen. Der Vorteil der Erfahrung entlastet von Konkur renz und Wettkampf. Mit Würde zu altern, führt zu Gelas senheit und Souveränität. Allerdings ist das nicht einfach, es ist ein Prozess.

Zu diesem Prozess werde ich Ihnen in den folgenden Kolum nen, die ich für das Magazin StarkVita60+ schreiben darf, verschiedene Informationen und Ideen vorstellen, denn es gibt nicht einen Schlüssel oder das eine Rezept. Ich habe acht verschiedene Kompetenzen definiert, die in unserer Ausbildung zum «Bewegungsexperten im Alterungs prozess» als Grundlage dienen und die ich in dieser Kolumne heranziehen und erläutern werde. Veränderungen des Lebens Sich mit den Veränderungen des Lebens, der Veränderung von Beziehungen, später mit dem Verlust der Berufstätigkeit, dem Verlust von Status und einer vorgegebenen Struktur etc. zu arrangieren, damit muss sich jeder Mensch selbst versöh nen und seinen eigenen Weg finden. Der traurigste Teil, der Verlust von lieben Menschen, des Freundeskreises, das viele Abschiednehmen, ist dabei sicherlich die grösste Herausfor derung, die man niemandem abnehmen kann. Wer es schafft, solche Situationen zu bewältigen, und vielleicht in dieser neuen Lebensphase Akzeptanz und Wohlbefinden findet, ist begünstigt oder hat Glück gehabt. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, sich der eigenen Fitness und Gesundheit zu widmen. Und genau diesen Aspekt können wir als Trainer:innen mit gutem und intelligentem Training direkt beeinflussen. Noch vor wenigen Jahren nahm man an, dass der Alterungsprozess zu über 50 Prozent genetisch bedingt sei, was mittlerweile als überholt gilt. Laut dem aktuellen Stand der Wissenschaft beein flusst der Lebensstil sogar bis zu 60–70 Prozent den Alterungsprozess. Alter ist nicht gleich Alter Jeder Mensch altert auf seine ganz eigene Art und Weise. Nicht alle Menschen erfahren physische, sensorische, kog nitive und psychische Einschränkungen zur gleichen Zeit, im gleichen Alter. Die enormen Unterschiede der Alterungspro zesse lassen uns verstehen, warum Trainingsformen, die an ein bestimmtes Alter gebunden sind, nicht funktionieren, zum Beispiel 50+ oder 65+. Der Mensch definiert sich oft nicht anhand dieser Altersangaben und hat nicht das Gefühl, dem Bild dieses Alters zu entsprechen. Unabhängig davon, wie der individuelle Verlauf der körperli chen, kognitiven und psychischen Alterungsprozesse aussieht, gibt es für alle Kompetenzen, die nachweislich das Befinden positiv beeinflussen, Massnahmen und Übungen zur Verbes serung. Mit diesen Massnahmen können wir die Gesundheit fördern und die Verletzlichkeit und letztlich die Abhängigkeit im Alter verlangsamen und hinauszögern. Es geht um Selbstständigkeit, Selbstbestimmung und Wohlbefinden während des Alterns.

Karin Albrecht Fachbuchautorin, internationale Referentin und Ausbilderin. Karin Albrecht entwickel te das Bewegungskonzept Antara ® . In der star unterrichtet sie die Themen; Anatomie und Bewegungslehre, Stret ching und Beweglichkeit, Sensomotorik, Rücken und Körperhaltung, Antara ® .

Unter anderem ist sie die Autorin von den Büchern und anerkannten Lehrmitteln, z. B. «Körperhaltung, moder nes Rückentraining», «Stretching und Beweglichkeit – das neue Expertenhandbuch», «Funktionelles Training mit dem grossen Ball», «Walking Stretch», «Intelligentes Bauchmuskeltraining», von mehreren Entspannungs CDs und unzähligen Fachartikeln für Bewegungs- und Physiotherapeutische Zeitschriften

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STARKVITAL 60+ Nr. 27

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