Stark Vital Nr. 20

Zu stark rein geht

Ein weiterer, für mich wichtiger Grund für den Boom ist der, dass in der modernen Faszienforschung bereits zu Beginn ein Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis gesucht wurde, zwischen Forschern und Praktikern. Beim ersten Faszienkon gress 2007 in Boston (USA) hat Dr. Robert Schleip zusammen mit Thomas Findley bewusst alle Koryphäen der Bindege websforschung vernetzt und Biologen, Neurologen, Faszi enforscher, Sportwissenschaftler, Manualtherapeuten und Bewegungspädagogen eingeladen, um Erfahrungen, Studien und Forschungsergebnisse auszutauschen und zu diskutie ren. Erstmals wurde fachübergreifend diskutiert und Erfah rungen und Ergebnisse ausgetauscht und dies wurde allen zugänglich. Die Begeisterung und der Enthusiasmus der Fas zienforscher/innen sind ansteckend. SV: Was zeichnet ein gutes Faszientraining aus? LNS : Dass sich jetzt, nach den faszinierenden neuen For schungsergebnissen, auch die Bewegungstherapie und alle ihr verwandten Disziplinen, inklusive Yoga, zunehmend für die Faszien interessieren, liegt in der Natur der Dinge. Durch eine gezielte Übungspraxis und entsprechende Rahmenbedingun gen kann sich das Bindegewebe innerhalb einiger Monate komplett erneuern. Dabei geht es gar nicht darum, dass das, was wir bisher gemacht haben, falsch sein soll. Im Gegenteil. Die neue Faszienforschung liefert Erklärungswege, wie eine bisher fehlende Komponente in die Trainings-Praxis integ riert werden kann, um Schmerzen und Steifigkeit zu lindern, Lebendigkeit zu erleben und Einheit zu erfahren. Wir verlieren dadurch nichts – wir gewinnen nur. Es braucht gut ausgebildete, erfahrene Lehrpersonen, die folgende Kriterien im Training integrieren und fördern: • Variantenreiches Bewegungserleben schaffen • Wechseln zwischen Belastung und Entlastung, zwischen Bewegung und Stille • Bewusst entspannen und loslassen • Bewegungen geniessen • Eine entspannte, wohlwollende Achtsamkeit kultivieren • Ganz anwesend sein, bei dem, was Sie tun (Präsenz) • Sich frei machen von jeglicher Erwartung • Keine Wertung, kein Wille, keine Gewalt • Sich Zeit nehmen und sich Zeit lassen • Einen Forschergeist entwickeln (mit der Frische eines Kindes an die Sache heran gehen. Experten tum ist kontraproduktiv!) • Ein inneres Lächeln kultivieren • Sich erlauben, zu experimentieren, zu spielen (nichts ist in Stein gemeisselt!)

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Zu lange und zu viel macht Gewebe verletzen kann

• Es einem zwar gelingt, lokale Spannungen zu lösen, doch die können sich an andere Stellen verschieben • Nicht auf die Signale des Körpers hört • Mechanisch übt und bekannte Übungen einfach abspult, ohne innerlich beteiligt zu sein • Keine Geduld hat und zu schnelle oder unrealisti sche Erwartungen hat SV: Ist Faszientraining letztlich eine Mischung aus Yoga und Gymnastik? LNS : Äusserlich gesehen könnte man zu diesem Schluss kommen, weil ein Faszientraining viel Schwingen und Federn beinhaltet, wie wir das von der alten Schulgymnastik kennen. Gleichzeitig wollen ganze myofasziale Ketten gedehnt werden, so dass die Übungen stark an die Yoga-Asanas erinnern. Die innere Beteiligung ist aber eine andere! In der Art, wie ich Fas zientraining gebe, üben wir sozusagen von innen nach aussen. Wir gehen stark vom Spürsinn aus, stellen uns den Verlauf der myofaszialen Linien vor und wir erforschen neue Bewegungs möglichkeiten. Damit erweitern wir den Bewegungsspielraum und erobern uns «eingeschlafene», unbewusste Körperräume. Ob die Übungen nun neu sind, oder ob wir sie aus früheren Zeiten kennen, ist dabei gar nicht so relevant. Relevant ist, dass vielseitige, abwechslungsreiche Bewegung die Faszien nährt. Faszientraining erweitert das bekannte Übungsspekt rum mit variantenreichen Modifikationen. Es geht darum, dass man fasziale Bewegungselemente sinnvoll in die bestehende Trainingseinheit integriert. SV: Wie erklärst Du Dir den derzeitigen Boom? LNS: Alles spricht zurzeit über Faszien. Um es gleich vorweg zu nehmen - Faszien sind nichts Neues. Egal, was wir tun, Faszien sind an jeder Bewegung massgeblich beteiligt. Was neu ist, sind die Untersuchungsmöglichkeiten, aus denen her vorgeht, welch Wunderwerk die Faszien sind. Diese verfeiner ten Messtechniken sind sicher mit ein Grund für den Faszien Boom. Jetzt kennen wir die viel grössere Bedeutung, die den Faszien zukommt, als nur totes Verpackungsmaterial. Sie sind ein verbindendes System, ein eigenständiges Organ, versehen mit vielen Nervenendigungen, Schmerz- und Bewegungssen soren. Sie sind Sinnesorgan, verantwortlich für die Eigenwahr nehmung und für das Körperbewusstsein, welches sich sogar auf das Immunsystem und die Psyche auswirkt.

Lucia Nirmala Schmidt Yogalehrerin, Atemtherapeutin und Autorin. Eine der Pionierin Pionierinnen des modernen Yoga nen des modernen Yoga im deutschsprachigen Europa.

Meine Musikempfehlung:

body-mind-spirit.ch

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STARKVITAL 60+, Nr. 20

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