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Dr. med. Jürg Kuoni Kolumne

Wozu bezahlen wir immer höhere Krankenkassenprämien?

Peter Gotzsche spricht von organisierter Kriminalität: "Tödliche Medizin und orga nisierte Kriminalität, Wie die Pharmaindustrie unser Gesundheitswesen korrum piert" Info: Seite 40 Media News Das Buch wurde in mehrere Sprachen übersetzt und erreicht hohe Auflagen. Man würde doch erwarten, dass die vornehmste Industrie sich dagegen wehrt, als Mafia bezeichnet zu wer den. Sie zog vor, ruhig zu bleiben. Der Reputationsschaden wäre grösser, wenn alle kriminellen Praktiken auf den Tisch kämen. Die Pharma-Industrie infiltriert das gesamte Gesundheitswe sen, Universitäten, die Ausbildung der Mediziner, die medizinische Fachlite ratur, die medizinische Forschung, sie infiltriert Patientenorganisationen, sie infiltriert Regulierungsbehörden. Als Beispiel: 45 Prozent des Budgets der FDA (Food and Drug Administration, die amerikanische Swissmedic) kommen von der Pharma-Industrie, Pharma Bosse wechseln in die FDA und FDA Bürokraten werden Pharma-Bosse. Die Drehtüre ist gut geschmiert. Als die WHO noch eine Weltgesund heitsorganisation war, stellte sie eine Liste der «Hundert wichtigsten Medi kamente» zusammen. Heute gehört die WHO eher zum Marketingarm der Pharma-Industrie, die Liste unentbehr licher Medikamente umfasst darum unterdessen 460 Produkte, darunter so lebenswichtige Substanzen wie Pillen zur Rauchentwöhnung. Die Pharma-Industrie kämpft mit har ten Bandagen, vor allem wenn es um die Preisgestaltung ihrer Produkte geht. Den Kampf wird sie erst verlieren, wenn wir realisieren, dass wir einen Gross teil ihrer Produkte gar nicht brauchen. Und dass sehr viele davon eher kontra produktiv sind. Die «Liste der hundert unentbehrlichen Medikamente» muss neu geschrieben werden. Mehr sind es sicher nicht. Die Hippokratische Medi zin bestand in erster Linie aus einer gesunden Lebensführung aus Ernäh rung, körperliche Ertüchtigung, Arbeit und Musse. «Moderne Medizin» bedeutet, für jede Befindlichkeitsstörung gibt es eine pharmazeutische oder chirur gische oder andere interventionis tische Therapiemethode, die ihren Preis in sehr seltenen Fällen wert ist. Für diese sehr seltenen Fälle könn ten wir eine Krankenversicherung brauchen. Sie wäre sehr günstig.

Mit einem geringen oder keinem Gewinn an Lebensqualität. Das Problem ist bekannt. Wieso gibt es keine Lösung? Seit ich mich zurückbesinne, wurden immer wieder Reformen aufgegleist. Es gab ein neues KVG (Krankenversiche rungsgesetz), einen neuen Leistungs katalog für die Ärzte, Reförmli-Berset hat auch noch eins draufgelegt, nach dem er während dem Corona-Debakel mit Milliarden um sich geschmissen hat. Es gab eine Kürzung der Arzt-Tarife für Laborleistungen. Auf die ständig weiter ansteigenden Gesundheitskos ten hatten alle Bemühungen nicht den geringsten Einfluss. Es gibt keine Lösung, weil niemand will, dass es eine Lösung gibt. OK, das stimmt nicht ganz, wir Prämienzah ler wünschen uns eine Lösung. Nur wir haben keine Lobby. Alle andern Player haben eine. That’s the problem. Die Ärzte haben eine Lobby. Sie ist nicht besonders potent, aber immer hin präsent. Und nicht ganz überhör bar. Sie kämpfen primär für eine Besitz standswahrung. Gesundheitspolitische Visionen sind aus dieser Ecke nicht zu erwarten. Die Krankenkassen haben eine Lobby. Sie ist mehr als nur präsent. Politiker im Sold von Krankenkassen finden sich in der Legislative zuhauf. Vertreter von Krankenkassen sind in den Gängen des Bundeshauses omnipräsent. Schliess lich sind sie Spezialisten des Kranken versicherungswesens. Ihre Meinung ist gefragt. Sie studieren sich immer neue immer weniger verständliche Versi cherungsmodelle aus, die kaum noch jemand versteht, das rechtfertigt die millionenschweren Werbekampagnen der einzelnen Krankenversicherungen, bei denen es um nichts anderes geht, als Patienten aus einer in eine andere Krankenkasse zu ködern. Ein Millionen verschlingendes Nullsum menspiel. In meiner Jugend gab es noch rund 800 Krankenkassen, heute sind es noch etwa 60. Das heisst: 60 Krankenkassen-Manager (pardon CEO’s) kämpfen um ihre Existenzbe rechtigung, indem sie immer noch kom pliziertere «Versicherungs-Modelle» ausstudieren. Eigentlich sind sie schlicht überflüssig. Von diesen lukra tiven Pfründen trennt man sich jedoch nicht freiwillig. Schliesslich die Pharma-Industrie. Die mächtigste Lobby überhaupt.

Etwa jeden Oktober dasselbe Ritual: Die Prämien steigen im nächsten Jahr um drei, vier, fünf, sechs oder halt noch mehr Prozent. Natürlich dürfen wir kündigen, sagen uns die Vergleichsplattformen, und in eine billigere Versicherung wech seln. Doch die neue Versicherung wird nach einem oder zwei Jahren die Prämien «angleichen müssen». Oder sie macht Bankrott. Ein Null summenspiel, das aber jedes Jahr Millionen an Administrationskosten zur Folge hat. Was erkaufen wir uns mit den ständig steigenden Prämien? Mehr Lebensqua lität? Runde dreissig Prozent der über 65-Jährigen sind mit ihrer Lebensquali tät nicht zufrieden. Gegen zehn Prozent hadern mit ihrer Gesundheit. Leben wir dank «besserer medizini scher Versorgung» länger? Die minima len Fortschritte wurden in den letzten Jahren durch die katastrophale Covid Politik zunichte gemacht. Und durch die anschliessende Übersterblichkeit, die bis zum Beweis des Gegenteils Folge einer Impfung ist, die keine Impfung, sondern eine Injektion von genetischem Material ist. Was mit diesen Injektio nen zusätzlich verabreicht wird, kommt so langsam ans Licht der Öffentlich keit. Nicht die Fortschritte der Medizin haben also unser Leben verlängert, wie uns die Hohepriester der Zunft dau ernd um die Ohren schlagen. Es war im Wesentlichen die Ingenieurskunst, die den grossen Sprung zusätzlicher Lebensjahre zur Folge hatte: Abwasser management, Müllentsorgung, bessere Hygiene, sauberes Trinkwasser, bes sere Ernährung, Kochen auf Gas- oder Elektroherden statt auf offenem Feuer. Wo liegt denn das Problem ständig steigender Kosten ohne Return on Investment? Eigentlich zwitschern es die Spatzen von den Dächern. Es sind zu viele Spe zialärzte, zu viele Spitäler, zu viele Ope rationen, viel zu viele Medikamente, die ihren Preis in den seltensten Fällen wert sind. In der Krebsmedizin steigen die Therapiekosten unterdessen auf astro nomische Höhen.

Jürg Kuoni Dr. med. Jahrgang 1945 Lebenslauf und Kontakt aufnahme: siehe www.starkvital.ch

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STARKVITAL 60+ Nr. 34

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