HEALTH TRIBUNE Nr 1

Gerhard Uhlenbruck

Gesundheitsfördeung: Wie, wo und wann?

Prof. Dr. med. Gerhard Uhlenbruck, em. Direktor des Instituts für Immunbiologie an der Universität Köln, BRD

Als Immunologe, aber auch als Sportmediziner definiere ich Gesundheit heute so: Gesund heit besteht aus der Summe aller anti-entzündlichen Pro zesse im menschlichen Körper, während alle pro-entzündlichen Vorgänge unsere Gesundheit vor allem auf die Dauer mehr oder weniger reduzieren. Bei spielsweise sind Übergewicht und Bewegungsmangel Initi atoren pro-inflammatorischer Geschehnisse, deren Folgen langfristig gesehen verschie denen Krankheiten (z.B. Herz Kreislauf-Erkrankungen) den Weg bahnen. Pro-entzündlich wirken natürlich auch entzünd liche Herde wie z.B. solche an den Zähnen. Der Siegertyp hat den Biss drauf, das sagt man nicht nur in Bezug auf die Medaille, sondern weil man als Sportimmunologe weiss, dass mit schlechten Zähnen nicht nur die Leistung stark beein trächtigt wird, sondern auch die Gefahr weiterer Infektio nen (Streu-Effekt) durch den in diesen Fällen ungesunden Sport gegeben ist. Sportliches Bewe gungstraining vom Ausdauer typ plus Muskelaufbautraining wirken dagegen anti-entzünd lich (der trainierte Muskel bildet auch gesundheitsfördernde Botenstoffe, sogen. Myokine). Gesunderhaltung und Gesund heitsförderung müssen daher in dieser Richtung konzipiert werden: Anti-inflammatorische Vorgänge im Körper mobilisie

ren und so trainieren, dass sie überwiegen und den Körper dominieren, was sich an einem Minimalwert von Entzündungs markern (CRP etc,) im Blut widerspiegelt. Während Gesundheit eben ein Maximum an gesunderhalten den biologischen Regelkreisen bedeutet, definiere ich Fitness als die durch Training erworbene und der Zielvorstellung ange passte Fähigkeit, eine Aufgabe, die man sich gestellt hat, erfolg reich bewältigen zu können. Dieses Ziel kann eine sportliche Leistung sein, aber auch ein den Geist forderndes Examen. Fitness kommt von «to fit», d.h. also sich anpassen oder ange passt sein, um ein Ziel erreichen zu können, z.B. die Bewältigung einer Marathonstrecke. Dafür reicht Gesundheit nicht aus, wohl aber die zielgerichtet durch Sport trainierte Gesundheit, die entsprechende Fitness. Nach dem Gesagten ergibt sich, dass Bewegungstraining in Kombina tion mit Muskeltraining nicht nur die Gesundheit erhalten kann, sondern sie auch permanent fördert und dadurch stabilisiert. Ein zweiter Gesichtspunkt ist der, dass man auf diese Weise einem der Gesundheit entge gen wirkenden Prozess, z.B. dem sogen Metabolischen Syndrom, erfolgsversprechend Paroli bieten kann. Sehr oft gelingt es auf diese Art, krank heitsbahnenden pro-entzünd

lichen Geschehnissen durch den Schweiss des Sports das Wasser abzugraben. Bei diesem zweiten Aspekt wird mithin nicht nur versucht, Gesundheit wie derzugewinnen, sondern auch eine gewisse Fitness zu errei chen, d.h. die bessere Leis tungsfähigkeit ist Zielvorstellung und Motivation zugleich. Damit wird aber auch so manchem Krankheitsgeschehen sinnvoll vorbeugend entgegengear beitet. Das ist die eigentliche Domäne der Präventivmedizin. Es zählt mehr das Vorbeugen als das Beklagen, so heisst es in einem alten spanischen Sprich wort. Mit anderen Worten, es wird nicht als krankmachend erscheinenden pro-entzündli chen Schwelbränden im Körper der Garaus gemacht. Neben der Gesundheitsförderung in dieser nicht mehr ganz gesun den, aber auch noch nicht kranken Situation, gibt noch eine dritte Gruppe, welche der Gesundheitsförderung bedarf: Es sind die Kranken. Hier setzt die Reha-Medizin ein, um das Terrain Gesundheit Schritt für Schritt zurück zu erobern. Hierhin gehört das sportliche Training bei Diabetes, bei Herz- und Kreislauferkrankungen sowie sogar bei Krebs (Aktion «Sport in der Krebsnachsorge»). Gerade hier zeigt sich vor allem auch, das die oben skizzierte Form der Gesundheitsförderung sich ebenfalls segensreich auf den Bereich der psychischen

28

Health Tribune 1

Made with FlippingBook Ebook Creator