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Heart Attack

Heart Attack

dessen Ende klinisch relevante Herz Kreislauferkrankungen stehen. Ein zweites Problem der traditionellen medizinischen Risikomarker kann darin gesehen werden, dass die Verantwort lichkeit für die Risikoüberwachung sehr stark auf den Arzt verlagert wird, da es sich bei allen genannten Risikomarkern entweder im Labor- oder instrumentelle Untersuchungen handelt. Was zu kurz kommt, sind Risikomarker oder Verfahren, die von den an ihrem Gesundheitszustand interessierten Personen selbst durchgeführt werden können und die es ihnen erlauben, Veränderungen ihres Gesundheitszu standes, unabhängig davon, ob sie in eine positive oder negative Richtung gehen, regelmässig und ohne grossen Aufwand eigenständig zu überwachen und zu dokumentieren. Durch derar tige Verfahren würde zweifellos die Eigenverantwortlichkeit für die eigene Gesundheitsentwicklung gestärkt wer den. Insbesondere würde auch die Tat sache, dass es möglich ist, die positi ven Auswirkungen von Anstrengungen zur Verbesserung der körperlichen Fit ness und des Gesundheitsstatus durch verstärkte sportliche Aktivitäten oder sonstige Veränderungen des Lebens stils unmittelbar zu beobachten, eine wesentliche Motivationsquelle für eine gesundheitsbewusstere Lebensweise darstellen. Einen Ausweg aus dem beschrie benen Dilemma der traditionellen Risiko-Frühindikatoren bieten neue Verfahren wie der ANS-Explorer , die auf der Analyse der Herzratenvariabili tät basieren und gegenüber den tradi tionellen Risikomarkern zwei entschei dende Vorteile aufweisen: • Es sind echte Frühwarnsysteme, die in der Lage sind, sich anbahnende funktionelle Veränderungen in den Regulationssystemen des Körpers zu erkennen, noch bevor diese zur Entstehung krankhafter Organver änderungen und klinisch relevanter Schädigungen im Herz-Kreislauf system und andern Körperorganen geführt haben. • Sie erlauben eine einfache, aber valide Selbstkontrolle von Verän derungen des Gesundheitssta tus, unabhängig davon, ob diese Anzeichen einer beginnenden oder fortschreitenden Erkrankung sind oder auf erwünschte therapie- oder trainingsbedingte Auswirkungen zurückgehen.

Was ist unter diesen Verfahren zu ver stehen und auf welchen physiologi schen Grundlagen basieren sie? Regulationsstörungen des auto nomen Nervensystems (ANS) sind die frühesten Indikatoren für einen beginnenden Krankheitsprozess Krankheiten manifestieren sich zwar immer in spezifischen Körperorganen, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Ursache für die Erkran kung in der Regel nicht in dem Organ selbst zu finden ist, sondern in Funkti onsstörungen von übergeordneten, im Gehirn angesiedelten Kontrollsystemen, die für die Regulation und die geordnete Funktionsweise der jeweiligen Organe zuständig sind. Das in der Vielfältigkeit seiner Aus wirkungen auf die Körperorgane und Körperprozesse mit Abstand bedeut samste und umfassendste Regulations system des menschlichen Organismus ist das autonome Nervensystem (ANS). Es gibt praktisch kein Körperorgan und keinen Körperprozess, der nicht einer Steuerung durch das ANS unterliegt. Insofern gibt es nach derzeitiger Auf fassung auch kaum eine Erkrankung, bei der das ANS nicht in irgendeiner Art und Weise involviert ist. Lange bevor zum Beispiel klinisch fassbare Erkran kungen des Herz-Kreislaufsystems sichtbar werden und selbst bevor tra ditionelle Risikofaktoren auf klinisch relevante Veränderungen hinweisen, lassen sich häufig Störungen im Regu lationssystem des ANS nachweisen, die wenn sie therapeutisch nicht rechtzeitig angegangen werden, einen pathoge nen Entwicklungsprozess in Gang set zen, an dessen Ende klinisch fassbare Erkrankungen des Herz-Kreislaufsys tems stehen. Zum Verständnis der Funktionsweise des ANS sollte man sich vergegenwär tigen, dass die eigentliche Steuereinheit im Gehirn angesiedelt ist, wo alle Kör perprozesse fortlaufend registriert und analysiert werden. Von dort aus verlau fen Nervenbahnen zu allen Körperor ganen mit dem Ziel, deren Funktions zustand zu regulieren. Dabei besteht dieser periphere Anteil des ANS aus zwei Teilsystemen: Sympathikus und Parasympathikus. Diese beeinflussen gleichzeitig alle Körperorgane, wobei sie jedoch in ihrer Wirkung antagonis tisch sind. Wo ein System einen Kör perprozess anregt wird er durch das andere System gehemmt und umge kehrt.

Der Sympathikus ist das mit Abstand wichtigste Aktivierungssystem im Kör per. Er ist vor allem dann aktiv, wenn wir unter Stress stehen oder wenn der Körper vor besondere Beanspruchun gen gestellt ist und darauf angewiesen ist, Energie freizusetzen und Leistungs reserven zu mobilisieren. Diese durch aus positiven Wirkungen einer sym pathischen Aktivierung verkehren sich ins Gegenteil und sind mit stark erhöh ten Gesundheitsgefährdungen insbe sondere für das Herz-Kreislaufsystem verbunden, wenn die sympathische Aktivierung auf Dauer zu stark ist und zu einer chronischen Überaktivierung führt, weil keine ausreichende parasym pathische Gegenregulation erfolgt. Als Gegenspieler des Sympathikus besteht eine Hauptaufgabe des Para sympathikus darin, eine Schutzfunk tion gegen stressbedingte Gesund heitsgefährdungen infolge einer chro nischen sympathischen Überaktivie rung zu bilden. Daher verfügt er über eine ganze Palette von Massnahmen, die geeignet sind, das Herz vor Über forderungen zu schützen, das Risiko lebensbedrohlicher Arrhythmien zu senken und andere Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Koronarsklerose, die zur Entstehung von schweren kar diovaskulären Erkrankungen beitragen, zu kontrollieren. Die Gefahr für Erkrankungen des Herz Kreislaufsystems ist beträchtlich erhöht, wenn es zu Störungen im Zusammen spiel dieser beiden autonom-nervösen Regulationsmechanismen kommt. Das ist einerseits der Fall, wenn das Gesamtsystem nicht flexibel genug ist, sich auf wechselnde Beanspruchungs bedingungen anzupassen. Andererseits ist die Gefährdung auch dann stark erhöht, wenn ein chronisches Ungleich gewicht zwischen sympathischer und parasympathischer Aktivierung besteht. Während man in der Vergangenheit davon ausging, dass eine chronische Überaktivierung des sympathischen Systems der ausschlaggebende Fak tor für ein erhöhtes kardiovaskuläres Erkrankungsrisiko ist, besteht nach den jüngsten Forschungsergebnissen kein Zweifel mehr daran, dass eine unzurei chende Aktivierung (Hypoaktivierung) des Parasympathikus von weitaus grö sserer Bedeutung als Risikofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislaufer krankungen ist.

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