FITNESS TRIBUNE Nr. 141 Archiv aus dem Jahr 2013

Harald Gärtner Kolumne

Rückschlüsse für die Praxis Jetzt kommt die entscheidende Frage: Was machen wir aus diesen Ergebnis sen für die Praxis? Die Wissenschaftler selbst kamen zu fol genden Empfehlungen: Geht es darum die höchste Kraftspitze zu erreichen, sollten Teilkniebeugen mit 83%, oder all gemein ausgedrückt ziemlich schweren Gewichten gemacht werden. Ist dagegen das Ziel möglichst viel Arbeit zu leisten, bieten sich schwere Paral lelkniebeugen an. Steht Schnellkraft im Fokus sind Parallelkniebeugen mit 67%, also eher moderat schweren Gewichten, angebracht. Bei diesen Empfehlungen fällt auf, dass genau die Kniebeugenvariante, die im regulären Fitnessclub am häufigsten gemacht wird, nämlich Teilkniebeugen mit moderaten Gewichten in keiner Kategorie empfohlen wird. Die Schwächen der Studie sind natür lich, dass nur zwei unterschiedliche Trai ningsintensitäten getestet wurden und man bei niedrigeren Gewichten sicher weitaus höhere Geschwindigkeiten erwarten könnte. Dennoch kann man für die Praxis zwei Punkte ableiten: Geht es einem um die Maximierung von Kraftfähigkeit für den athletischen Bereich bietet sich eine Kombination aus Teilkniebeugen mit hohen Lasten und Parallelkniebeugen mit geringeren Gewichten an. Geht es dagegen um den Zuwachs an Muskelmasse sollten Parallelkniebeugen mit höheren Gewichten bevorzugt wer den, um die muskuläre Arbeit zu maxi mieren. Kniebeugentiefe und muskuläre Aktivierung Mit muskulärer Aktivierung ist gemeint, ob durch eine unterschiedliche Kniebeu gentiefe die beanspruchte Muskulatur mehr oder weniger arbeiten muss. Bei allen Studien, die sich dieser Fragestel lung widmeten, stösst man vor allem auf eine Erkenntnis: Je höher das verwen dete Trainingsgewicht im Verhältnis zur Maximalkraft, desto höher wird auch die muskuläre Aktivierung sämtlich betei ligter Muskulatur. Von daher lässt sich schon mal ableiten, dass wenn man die Muskelaktivierung erhöhen möchte, auch schwerere Gewichte verwendet werden sollten. Zurück zur eigentlichen Fragestellung. In der wissenschaftlichen Literatur finden sich nicht viele Studien, die sich diesem

Thema angenommen haben. Die weni gen Studien weisen jedoch alle in die selbe Richtung: Eine tiefere Kniebeuge führt zu einer Erhöhung der Aktivität des grossen Gesässmuskels, während die übrigen Beinmuskeln meist keine erhöhte Aktivierung zeigen. Rückschlüsse für die Praxis Wem es also vor allem um die Ent wicklung der Gesässmuskulatur geht, sollte eine tiefere Kniebeuge im Training bevorzugen, für die übrigen Beinmus keln ergibt sich aus der Beugetiefe keine nennenswerter Unterschied. Standbreite und muskuläre Akti vierung Eine weitere Frage, die häufig gestellt wird ist, ob die Standbreite einen Unter schied für die muskuläre Aktivierung der beteiligten Muskulatur macht. Genau wie bei dem oben beschriebenen Punkt gibt es auch hierbei nicht gerade eine Vielzahl an wissenschaftlichen Studien. Die vor liegenden Studien haben jedoch meis tens die gleiche Tendenz: Je breiter der Kniebeugenstand, desto höher liegt die Aktivierung des grossen Gesässmuskels. Zudem steigt mit breiter Standposition (bis 140% der Schulterweite) auch die Aktivierung des grossen Schenkelanzie hers (adductormagnus) an. Gleiches gilt auch, wenn die Standpo sition etwa schulterbreit gewählt wird und gleichzeitig die Füsse etwa 30° nach aussen rotiert werden. Rückschlüsse für die Praxis Wem es darum geht, möglichst viel Gesässmuskulatur zu aktivieren, der sollte einen eher breiten Stand einneh men bzw. die Füsse 30° nach aussen rotieren. Wichtig ist es dabei allerdings, dass sich die Knie immer noch in einer Linie zu den Fussspitzen und Hüftge lenken befinden und nicht nach innen wandern. Zusammenfassung Wie der obige Text zeigt, ist es möglich durch Variation der Kniebeugentiefe und der Standposition etwas unterschied liche Trainingswirkungen zu erzielen. Eines gilt jedoch für alle Varianten: Sie sollten nur dann trainiert werden, wenn die körperlichen Voraussetzungen stim men und die Ausführung in sauberer Form stattfindet. Im Zweifel sollte man sich als Trainierender sowie als Trainer immer für die Variante entscheiden, die technisch perfekt durchgeführt werden kann. Literaturliste kann beim Verfasser ange fordert werden

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