FITNESS TRIBUNE Nr. 141 Archiv aus dem Jahr 2013

Scien ces

Vieles spricht für die freie Kniebeuge Wie aufgezeigt, unterscheiden sich die freie Kniebeuge und die eingeschränkte Knie beuge in wichtigen untersuchten Punkten klar: Bewegungsumfang, Belastungsmo ment, Bewegung und Beugungswinkel variieren je nach Ausführungsvariante und Gelenk. Während bei der eingeschränkten Kniebeuge das Belastungsmoment und der Bewegungsumfang des Knies im Vergleich kleiner sind, die Belastung der Hüfte und des Rückens jedoch grösser, charakterisiert sich die freie Kniebeuge durch folgende positive Aspekte: • Kleinere Belastung der Hüfte (und dem nach vermutlich auch des Rückens) • Kleinere Veränderung der Kurvatur der BWS • Kleinerer ROM der segmentalen Bewe gung im Rücken (Flexion/Extension) Aufgrund dieser Beobachtungen kommen wir zu folgendem Schluss: Es gibt laut unse ren Untersuchungen keinen triftigen Grund, die einschränkte Kniebeuge der freien Knie beuge vorzuziehen. Im Gegenteil: Für Athle ten, welche den Quadrizeps kräftigen möch ten, und für Anwender eines gesundheits orientierten Krafttrainings mit Fokus auf eine geringe Belastung des Rückens ist die freie Kniebeuge eindeutig die bessere Wahl. Dank Ich bedanke mich bei den in diesem Projekt involvierten Kollegen, insbesondere Mirjam Stoop, Turgut Gülay, BIG Raki, Renate List und Florian Schellenberg; ohne sie wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Ein Teil dieses Projekts wurde von der Eidgenössi schen Sportkommission unterstützt. Literatur: Müller R, Fitness-Center: Verletzungen und Beschwerden beim Training, Bfu Report 39. (1999) http://www.bfu. ch/PDFLib/520_74.pdf Ariel B G, Biomechanical analysis of the knee joint during deep knee bends with heavy loads. Biomech Model Mechanobiol IV:44-52. (1974) Chandler T J and Stone M H, The Squat Exercise in Athletic Conditioning: a Review ofthe Literature. N.S.C.A. Position Paper. (1991) Fry A, Smith J, Schilling B, Effect of knee position on hip and knee torques during the barbell squat. JSCR 17:629 633, (2003) List R, Gülay T, Stoop M, Lorenzetti S,Kinematics of the Trunk and the Lower Extremities During Restricted and Unrestricted Squats, JSCR, POST ACCEPTANCE, (2012) doi: 10.1519/JSC.0b013e3182736034 Lorenzetti S, Gülay T, Stoop M, List R, Gerber H, Schellen berg F, Stüssi E, Comparison of the Angles and Correspon ding Moments in the Knee and Hip During Restricted and Unrestricted Squats. JSCR 26(19):2829-2836, (2012) Linkliste Sportbiomechanik Gruppe ETH Zürich: http:// www.biomech.ethz.ch/research/msb/sbg Kniebeuge Biomechanik und Bewegung: http://www. youtube.com/watch?v=pp4WyNVEnM8 Modellierung der Kniebeuge: http://www.youtube.com/watch?v=ODZigT3HhA8 Once upon a time in Switzerland, The sports bio mechanics group: http://www.youtube.com/ watch?v=jWXTSSsjp-4 • Grösserer ROM im Sprunggelenk • Grösserer ROM im Knie • Grössere Momente im Knie

Abb 3: Während der Kniebeuge. Je ein Fuss ist auf der Kraftmessplatte.

Der direkte Vergleich Anhand der Auswertung der im Kraftraum gesammelten Daten konnten folgende Erkenntnisse gewonnen werden: Bei der freien Kniebeuge war der Range of Motion (ROM) im Knie grösser als bei der einge schränkten Kniebeuge, während der ROM in der Hüfte bei beiden Ausführungsvarian ten gleich blieb. Hingegen veränderte sich im Vergleich mit der eingeschränkten Kniebeuge die Kurvatur der Brustwirbelsäule weniger stark bei der freien Kniebeuge. Zudem ist der ROM bei der Flexion/Extension zwischen dem Brustwirbelsäulensegment und dem lumbalen Segment bei der freien Kniebeuge kleiner. Zusätzlich resultiert, gemäss unseren Mes sungen die freie Kniebeuge beim Umkehr punkt in einem grösseren Winkel im Sprung gelenk, 25.4% grösseren Momenten in den Knien und einem um 21 ° grösseren Kniefle xionswinkel im Vergleich zur eingeschränkten Kniebeuge. Das maximale Hüftmoment war bei beiden Ausführungsvarianten bei 95 ° bis 100 °, bei der eingeschränkten Kniebeuge jedoch im Durchschnitt um 12% grösser. Da wir uns beim Versuch bewusst nicht auf einen Vergleich der beiden Ausführungsva rianten am Umkehrpunkt beschränken woll ten, haben wir die Bewegung und die Belas tung auch bei einem Kniewinkel von 60 ° ausgewertet. Fazit: Bei der eingeschränkten Kniebeuge waren die Momente im Knie um 17% kleiner und diejenigen in der Hüfte um 56% grösser, während der Winkel in der Hüf tebei der eingeschränkten Variante um etwa 17 ° grösser ausfiel. Was den Umkehrpunkt betrifft, so veränderte sich der Winkel im Knie je nach gewählter Kniebeugevariante, der maximale Winkel in der Hüfte blieb bei beiden Ausführungen jedoch gleich gross. Dies ist ein klarer Hin weis darauf, dass bei der Ausführung der ein geschränkten Kniebeuge eine Ausgleichsbe wegung stattfinden muss. Es konnte gezeigt werden, dass über die vergrösserte Bewe gung des Rückens die Ausgleichsbewegung von diesem geleistet wird. Dies lässt folgende Aussage zu: Bei vergrösserter Belastung in der Hüfte durch die Einschränkung der Vor wärtsbewegung der Knie wird die Belastung im Rücken ebenfalls vergrössert.

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