StarkVital Nr. 33
Carmen Schiltknecht Kolumne
KOLUMNE | Carmen Schiltknecht
ES IST SO...
Manche meiner Freundinnen erleben das Dilemma vieler Paare. Zwischen beruflichen Ambitionen und nervigem Alltagsleben gehen Lust und Liebe schon mal flöten.
G
leich vorab: Ich reite seit 24 Monaten auf einem an deren Stern. Denn ich habe mich verliebt. In einen Mann, mit dem ich schon vor knapp 40 Jahren zu sammen war. Doch unsere damaligen Lebenskon zepte waren nicht parat für ein Ja, ich will.
schirm oder tippt auf dem Handy. Klingt wie ein Klischee? Es ist erwiesen, dass Paare nach sechs Jahren Beziehung nur noch zehn Minuten am Tag miteinander reden. Stopp! Es geht auch anders. Ich empfehle Claudia, sich mit ihm zu verabreden, Zeit inseln zu schaffen, die helfen, den geliebten Menschen wieder bewusst wahrzunehmen und das Potenzial der Liebe wiederzu entdecken. Rechtzeitig wichtige Fragen stellen Was brauche ich wirklich? Im Leben, in der Liebe, im Job? Das Leben hat mich gelehrt, dass das üblicherweise kein schnelleres Auto oder eine grössere Wohnung ist, sondern Zeit für gemein sames emotionales Erleben. Und ganz relevant sind Freundinnen und Freunde. Deine Lieblingsmenschen. Mir sind sie Inspiration, geistige Nahrung und unerlässlich für meine Lebenszufrieden heit. Kein Partner kann für den anderen alles sein, alle Bedürfnisse erfüllen. Jeder Mensch hat viele Facetten, unterschiedliche Inte ressen, die wir mit unterschiedlichen Menschen teilen. Das be reichert uns selbst und in der Folge auch unsere Paarbeziehung. Miteinander reden Nun gut, ich habe das Glück, in der Blüte meiner Jahre zu sein. Frei von jeglicher Altersbeschränkung möchte ich das Leben er-leben. Die Zeiten, in denen meine Karriere auf Platz eins war, sind vorbei. Ich bin zu alt, um mich durchs Leben zu mogeln. Zu alt, um als Superegoistin durchzustarten, die für ihre eigenen Unzulänglichkeiten andere verantwortlich macht. Meine Freundin macht nun übrigens einmal in der Woche einen Partnerabend. Sie und ihr Mann treffen sich in einer Bar, zu einem Essen, gehen ins Kino und manchmal an den See. Sie tau schen sich aus, reden miteinander, fragen nach und hören hin. Es tut beiden gut, sich jeweils am Freitag für ein Date zu verabre den – ganz ohne Handy.
Nichtsdestotrotz haben wir uns nie aus den Augen verloren. Mehr noch, wir schrieben uns, sahen uns und wurden Freunde. Ein Freundespaar, von dem niemand etwas wusste. Regelmässig trafen wir uns in einem Restaurant (es war immer dasselbe) zum Mittagessen und tauschten uns aus. Und dann, an einem Tag im Oktober vor zwei Jahren, besuchte er mich, auch zum Lunch, bei mir Zuhause. Wir umarmten uns in der Garage. Das ist ja noch nichts Aussergewöhnliches, doch es war eben diese Art von Umarmung, die einen davonträgt, hoch in die Wolken hebt und ausserirdisch intensiv ist. Es war Liebeskommunikation ohne Worte. Von diesem Moment an wusste ich: So soll es sein. So soll es sich anfühlen. Wenn einer, dann er. Klar, mein Zustand hat sich in der Zwischenzeit verändert. Der Alltag gehört in unsere Leben. Wir greifen weiterhin nach den Sternen, doch wir stehen dabei auf dem Boden, sind geerdet. Eine Balance, die für uns stimmt. Bis jetzt ist es gelungen, dass wir eine ausgewogene Mischung zwischen Arbeit und Leben haben. Und ganz wichtig: Wir nehmen uns Zeit zum Durchatmen, Ankommen und für unsere Zweisamkeit. Manchmal liegen wir nur nebeneinander, berühren und küssen uns. Wenn die Lust flöten geht Meine Freundin Claudia erzählt mir, dass ihr Mann immer noch ein klassisches Rollenverständnis hat. Er verdient das wesentliche Geld, ist oft erschöpft und signalisiert maximal einmal im Monat sein sexuelles Bedürfnis, das dann auch schnell befriedigt ist. Meine Freundin ist frustriert. Ich frage sie, ob sie ihren Mann braucht, um zu wissen, wer sie ist? Warum brauchst du Selbst bestätigung von jemand anderem? Dein Mann hat viel um die Ohren, ja, aber das heisst nicht, dass du nicht mehr für ihn zählst. Du bist immer noch du. Also sei du! Es wundert kaum, dass Sex für die Hälfte aller Ehepaare kaum mehr eine Rolle spielt. Die Arbeitsverdichtung in den Industrie ländern steigt seit Jahren, hinzu kommen grosse und kleinere Verpflichtungen, Meetings und Überzeiten. Mal ganz ehrlich, wo bleibt da die Zeit für Beziehungspflege? Claudia redet mit ihm. Möchte sich mitteilen. Sich verstanden und sich angenommen fühlen. Und er? Setzt sich vor den Bild «Lust und Liebe brauchen gemeinsame Zeit.»
Carmen Schiltknecht, 65 ROCK DAS ALTER Coach & Mentorin Podcasterin & Speakerin
www.carmen-schiltknecht.com carmen@carmen-schiltknecht.com
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STARKVITAL 60+ , Nr. 33
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