StarkVital Nr. 31

Repor tage

Arbeiten nach dem Rentenalter Paradigmenwechsel in Sicht

Festanstellung, temporär oder Teilzeit. Insgesamt werden Rentner:innen in den kommenden Jahren zu einer unum gänglichen Arbeitskraft werden. Auch die Wortwahl wird sich dementsprechend ändern: Man wird nicht mehr von (unbrauchbaren) Rentner:innen sprechen, sondern von verfügbaren Ressourcen - Kreislaufwirtschaft angewandt auf Pensionär:innen. Schätzungen zufolge gibt es in der Schweiz bereits 200'000 Erwerbstätige über 65 Jahre. Vor diesem Hintergrund fordern Politiker und Wirtschafts vertreter, dass Arbeitnehmende länger ihre Erwerbstä tigkeit beibehalten. Gefragt ist mehr Flexibilität wie die Abschaffung des ordentlichen Rentenalters. Der Jahrgang und die Beitragsjahre würden nur noch für die Berechnung des Rentenanspruchs der Versicherten herangezogen. Wenn das Arbeitsleben tatsächlich länger wird, wäre von Vorteil, dass Wirtschaft, Bildungssystem und Arbeitsbe hörden den Arbeitnehmenden ermöglichen würden, sich je nach Bedarf oder persönlichem Wunsch in der Berufswelt neu zu orientieren. Die Qual der Wahl: Job oder Rente? Der Ausstieg aus der Arbeitswelt fällt vielen schwer. Men schen im Pensionsalter, die freiwillig arbeiten, insbeson dere Führungskräfte, sind meistens hoch motiviert, weil sie sich wertgeschätzt fühlen. Für viele ist es wichtig, wei terhin soziale Kontakte in der Arbeitswelt zu pflegen, sich mit Teammitgliedern auszutauschen und die Möglichkeit zu haben, sich mit spannenden beruflichen Themen zu beschäftigen. Ausserdem erleichtert oft ein flexibler und allmählicher Übergang den Eintritt in den Ruhestand. Das Teilzeitarbeitsmodell ermöglicht am besten einen graduel len Rückzug ins Privatleben und eine optimale Vereinbar keit von Beruf und Freizeit. Als Rentner:in ist es wichtig, einen strukturierten Tag mit einem vorbestimmten Inhalt zu haben, denn es ist schwierig, von einer 100-prozentigen Beschàftigung zum Nichtstun überzugehen. Einen Beruf noch auszuüben, kann eben u.a. geistig lebendig halten. Im Jahr 2022 entfielen auf 100 Erwerbstätige 37 Personen ab 65 Jahren, stellt das Bundesamt für Statistik fest. AHV-Rente Es ist durchaus möglich über das ordentliche Rentenal ter hinaus weiterzuarbeiten. In diesem Fall kann man den Zeitpunkt, ab dem eine AHV-Rente ausbezahlt wird, um ein bis höchstens fünf Jahre verschieben, wobei die AHV-

Der Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand kann eine persönliche Entscheidung darstellen, vorausgesetzt, man verfügt über die finanziellen Mittel, um sich diesen Schritt leisten (und geniessen) zu können. In den nächsten Jah ren wird rund eine halbe Million Areitnehmer:innen in der Schweiz das Rentenalter erreichen. Gleichzeitig werden die Menschen im Durchschnitt immer älter und bleiben länger gesund. Die Phase des Ruhestandes dauert heute bereits rund ein Viertel der Lebenszeit. Der Knotenpunkt der Demographie Die demografische Entwicklung erklärt den beginnenden Gangwechsel im Bereich der Beschäftigung. Der helveti sche Arbeitsmarkt wird im nächsten Jahrzehnt mit einem Arbeitskräftemangel aufgrund des Ausscheidens der geburtenstarken Jahrgänge konfrontiert sein. Die jungen Arbeitnehmer:innen werden nicht genügen, um diejenigen zu ersetzen, die in den Ruhestand gehen. Dieses Szenario verschärft den Fachkräftemangel und belastet die Vorsor gesysteme erheblich. Die Alterspyramide kehrt sich um, sodass Unternehmen keine Wahl mehr haben: Sie sind gezwungen, auch auf ältere Menschen zurückzugreifen, wenn sie keine jüngeren Bewerber:innen finden. Die kollektive Einstellung gegen über Senior:innen und ihrer gesellschaftlichen Rolle wird sich zwangsweise ändern und an die neue Zeitlage anpas sen müssen. Ende des traditionellen Ruhestands?

Da der Arbeitsmarkt (nicht nur) in der Schweiz auf der dringenden Suche nach Personal ist, entsteht für ange hende Pensionäre die Möglichkeit, ihre berufliche Tätigkeit zu verlängern oder für bereits im Ruhestand befindliche Personen nach einer Pause wieder in den Arbeitsmarkt einzusteigen. Schätzungen zufolge gibt es in der Schweiz bereits 200'000 Erwerbstätige über 65 Jahre. Insgesamt handelt es sich eher um Menschen mit intellektuellen und wissenschaftlichen Berufen oder im Büro beschäftigt als um Handwerker. Die beiden grossen Detailhändler Coop und Migros zum Beispiel kündigen Massnahmen an, um die über 65-Jäh rigen im Unternehmen zu halten, während die Personal vermittler eine spezielle Abteilung für Pensionäre einrich ten wollen, die in den Beruf zurückkehren möchten - in

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STARKVITAL 60+ Nr. 31

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