Stark Vital Nr. 28

Vivienne Westwood Die verrückte Punk Mode-Designerin Die Engländerin Vivienne Westwood ist im Alter von 81 Jah ren kürzlich verstorben. Sie war der Inbegriff einer Mode Designerin, die mit der originellen alternativen Mode, die sie kreierte, gegen den Strom schwamm. Seit Jahren zögerte sie nicht, sich in der Öffentlichkeit sozial und politisch zu engagieren. Mode kann tatsächlich zu einer Bühne für sozi ales Engagement werden. Westwood galt als DIE führende Institution von Mode made in England und wurde zu einer der sechs wichtigsten Modemacher:innen unserer Zeit erkort. Vor Redaktionsschluss ist Vivienne am 29.12.2022 verstorben. Der Text wurde vor dem Druck in Vergangenheistform angepasst.

In ihren Entwürfen verarbei tete Vivienne Westwood gerne exzentrisch zusammengesetz ten Mischungen, manchmal mit ethnischen Einflüsse, und zeigte damit, dass sie keine Scheu vor gewagten Kombinationen von Farben und Schnitten hatte. Der schrulligen Designerin wird die Erfindung der Punk-Mode in den 1970er Jahre zugeschrie ben, die sie als gegenkultu relle Bewegung auf ästhetische Weise umsetzte. Mode sollte nach ihrer Auffassung die Indivi dualität herausstreichen, indem die eigene Persönlichkeit zur Geltung kommt. So hatte sich die Britin immer von den einfa chen Menschen inspirieren las sen, die sie auf der Strasse traf, «die, die denken können». Westwood wurde der Öffent lichkeit bekannt, als sie Klei dung für ihr Geschäft entwarf, das sie 1971 in London eröff

2007, keine Tierfelle mehr für ihre Kostüme und Accessoires zu verwenden. Während ihre neue Kollektion im Herbst 2022 in Paris prä sentiert wurde, blieb sie in London, wo sie sich an einem sozialen Protest beteiligte, indem sie ihre Stimme erhob: «Wenn die Preise schneller steigen als die Löhne, können die Kosten für Lebensmittel, Wohnung und Kleidung für viele verheerend sein» und «Immer mehr Menschen finden keine bezahlbare Wohnung. Unsere Zeitungen sind voll von Verzweiflung in der Gesellschaft, von einfachen Familien, die Angst vor der Zukunft haben und sich kein anständiges Leben leisten können.» In diesem Zusammenhang organi sierten die Gewerkschaften im gesamten Königreich einen Streiktag, «um für eine gerechte Verteilung des Wohlstands zu demonstrieren.» «Für mich ist Mode ein Vorwand, um über Politik zu sprechen. Als Mode-Designerin habe ich eine Stimme, und das ist sehr wichtig». Vivienne Westwood hätte sich sicherlich weiter mit inniger Hingabe für politische Projekte engagiert. Die Subversive wurde zum Offizier des britischen Empire Im Jahr 2004 zeigte das Victoria & Albert Museum in London die Vivienne Westwood-Retrospektive 30 Years in Fashion , die die Designerin zu einer Ikone der zeitgenössischen Mode machte. Die Wanderausstellung dauerte sieben Jahre und zog u.a. nach Australien, China und in die Vereinigten Staaten. Die Gedenkveranstaltungen wurden von zahlrei

nete. Auf diese erste Einweihung folgten vier weitere Läden in der Hauptstadt und schliesslich die Expansion im Gleich schritt in ganz Grossbritannien wie auch in die Welt. Mit der Zeit verkaufte die Mode-Ikone ein immer breiteres Spekt rum an Waren und parallel dazu unterstützte sie aktiv und vehement ihre zahlreichen politischen Anliegen. «Ich habe einfach die Mode benutzt, um meinen Widerstand, meine Rebellion zu verkörpern.» Die unbequemen Themen: Frieden, Menschenrechte, Umwelt- und Tierschutz Westwoods Ästhetik war durchdrungen von Aktivismus, einem Ideal, das nach und nach unterschiedliche und unerwartete Formen annahm, was manche Leute oft ver ärgerte. Ihre Logik kommt in dem Satz zum Ausdruck, den sie einmal aussprach: «Im Zweifelsfall ist es besser zu übertreiben». Die kreative Dame scheute sich nie, starke politische Botschaften zu verbreiten, während die britische Hauptstadt ihrerseits nie aufhörte, ihre manchmal etwas unbequeme Heldin mutig zu unterstützen oder zumindest zu tolerieren. Die Mode-Designerin zögerte zweifellos nie, sich immer wieder an zahlreichen sozialen Kampagnen zu beteiligen. Die Liste ist recht lang: globale Erwärmung, Frieden und nukleare Abrüstung, schottische Unabhängigkeit, Vegeta rismus, Bürgerrechte und Rechte gleichgeschlechtlicher Paare. In Bezug auf Menschenrechte hatte sie sich u.a. gegen die Auslieferung des Journalisten Julian Assange aus Grossbritannien eingesetzt. 2012 spendete Westwood eine Million Pfund für die Umweltschutzorganisation Cool Earth für den Erhalt der tropischen Regenwälder, 2015 initiierte sie mit Greenpeace eine Protestaktion gegen die Shell-Erd ölbohrungen in der Arktis. Zur Förderung einer ethischen Mode und aus Rücksicht auf den Tierschutz entschloss sie

chen Ehrungen begleitet. «Ich bin Mode-Desig nerin und Aktivistin. Ihr wisst alle, was ich vor habe: Ich nutze Mode als Mittel des Aktivismus, um den Klimawandel und das Artensterben auf der Erde zu stoppen.»

32

STARKVITAL 60+ Nr. 28

Made with FlippingBook - Online Brochure Maker