Stark Vital Nr. 27

Carmen Schiltknecht Kolumne

KOLUMNE | Carmen Schiltknecht

ES IST SO...

W Wir wünschen uns Aufmerksamkeit und Anerkennung. Doch unsere Autorin ist der Überzeugung, dass die Liebe zu sich selbst in gewissem Masse lebenswichtig ist. Wie jeden Morgen stehe ich vor dem Spiegel und betrachte mich. Doch heute blickt mir ein müdes Augenpaar aus noch fahler Gesichtshaut ent gegen, und ich fühl mich schlecht gelaunt. Der Grund: Gestern habe ich ein Foto von mir entdeckt, uns fragen: Was brauche ich? Was nährt mich? Was tut mir gut? Und wie denke ich über mich?

Glaub mir, für Selbstliebe gibt es keine Altersbeschränkung. Im Gegenteil. Ganz besonders im fortgeschrittenen Alter sollten wir uns und das Leben umarmen. Wir haben so viele Gründe, stolz auf uns zu sein, und wenn dir das schwerfällt, kann ich dich be ruhigen: Mit der Zeit habe auch ich gelernt, mich selbst zu lieben, konnte meine Unvollkommenheiten annehmen und sowohl die herausfordernden als auch guten Zeiten schätzen. Jeder hat das Zeug dazu, sein Leben umzukrempeln und es als selbstbestimmter Erwachsener zu gestalten. Jeder kann ein wenig Mut aufbringen und sich zuflüstern: Ich mag mich so, wie ich bin. «Selbstliebe ist eine wichtige Grundlage für ein erfülltes Leben.» Wie fühlt sich das an, dir selbst etwas wert zu sein? Stell dir das in Gedanken mal vor, wie du dir am Morgen vor dem Spiegel ein Lächeln schenkst und dich in deiner Gesamtheit akzeptierst. Vielleicht bist du mal müde, mal voller Energie. Vielleicht bist du gut gestimmt oder schlecht gelaunt. Doch es bist immer du mit all deinen Narben und Farben. Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass Selbstliebe eine wichtige Grundlage für ein erfülltes Leben ist. Sie ist der Nährboden dafür, dass wir wenn wir mal so richtig alt sind, nicht jung aussehen wollen, sondern glücklich. Ich möchte dich inspirieren, dir dein bester Freund zu sein. Dank bar, für das, was du geschaffen hast. Stolz, auf das, was du kannst. Frei, in dem was du tust und fühlst. Leidenschaftlich, bei dem was du machst. Und am besten mit einer Prise Humor.

im knappen Bikini am karibischen Meer, das liegt über 30 Jahre zurück. Meine Figur war jugendlich und perfekt, die Haut makel los – und doch hatte ich keine Ahnung. Damals war ich unzu frieden mit meinem Körper. An der einen Stelle wollte ich mehr, an der anderen weniger. Heute bedaure ich, dass mich solche Gedanken umgetrieben haben, und gleichwohl zeigt es mir auf, wie wenig ich in jungen Jahren über mein wahres Selbst wusste. Wie gut, dass das heute anders ist. Ich kenne meinen Körper, mag ihn (meistens) und weiss, was ihm guttut: Selbstliebe. Gleich eines vorweg: Der Schlüssel zur Selbstliebe ist, die sein zu wollen, die man ist. Sich selbst zu lieben fällt zuweilen schwer. Wir sind viel lieber für andere da, wenn sie uns brauchen. Wir finden tröstende Worte, hören zu, fragen nach und tun das, was sie aufbaut, ihnen Kraft gibt und richtig guttut. Doch was machen wir, wenn es um uns selbst geht? Dann spielt in unserem Kopf eine Blaskapelle den Marsch der Vorwürfe. Streng, oft ohne Verständnis, ohne Achtsamkeit werten wir uns ab, machen uns klein, suchen Fehler und überschütten uns mit Tadel wie bei einem Gewitterregen. In diesem Moment zerstören wir unser wichtigstes Kapital: unsere Persönlichkeit. Mangelnde Selbstliebe hat in gewisser Weise auch mit mangeln dem Selbstvertrauen zu tun. Denn die entscheidende Fähigkeit der Resilienten besteht darin, dem wichtigsten Menschen zu vertrauen: nämlich sich selbst. Also der eigenen Urteilskraft, der eigenen Energie und den eigenen Erfahrungen. Ohne Selbstliebe klappt nichts. Doch wenn wir auf Du und Du mit uns sind, wenn wir uns annehmen mit all den Ecken und Kanten die wir haben, wenn wir unsere eigenen Gefühle und Entschei dungen respektieren, ist das Ausdruck von Wertschätzung und Achtsamkeit gegenüber uns selbst. Wenn wir in dieser Disziplin gut sind, sind wir nicht von Irrtümern bewahrt, aber weitaus we niger in Gefahr, dass wir uns von vagen Versprechungen und schön klingenden Gedanken einlullen lassen. Was ich damit sagen möchte ist, dass auch wenn Erziehung in den 60er-Jahren autoritärer war, unsere Bezugspersonen viel leicht nicht in der Lage waren, uns bedingungslos zu lieben, mit Aufmerksamkeit und Bestätigung zu bestärken, können wir lernen, uns selbst zu lieben. Anstatt im aussen nach Bestätigung und Aufmerksamkeit zu su chen, können wir uns selbst bestätigen. Mehr noch, wir können

Carmen Schiltknecht, 65 ROCK DAS ALTER Coach & Mentor Podcasterin & Speakerin

www.carmen-schiltknecht.com carmen@carmen-schiltknecht.com

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STARKVITAL 60+ Nr. 27

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