Stark Vital Nr. 26

Gesell schaft

Das Dorf für Menschen mit Demenz

Im Kanton Bern hat im letzten Frühling das erste Demenzdorf der Schweiz den Betrieb aufgenommen nach dem Vorbild des niederländischen Pflegedorfs «De Hogeweyk» bei Amsterdam, in dem nur demente Men schen leben. Im Mittelland gelegen, fünf Autominuten von der Autobahn entfernt, gut erschlossen durch öffent liche Verkehrsmittel, mit einer wunderschönen Fernsicht auf die Alpen befindet sich die Siedlung «Jura-Dorf Wiedlisbach» , das aktuell über 100 Plätzen für Men schen mit einer Demenzerkrankung bietet. Dies ist eine fortschrittliche Initiative, die speziell auf die Bedürfnisse von einer wachsenden Gruppe der Bevölkerung zuge schnitten ist. In der Schweiz leben nämlich laut Schät zungen des Bundes knapp 150’000 Demenzerkrankte, Tendenz steigend aufgrund der alternden Bevölkerung und der höheren Lebenserwartung. Selbständig bleiben In dieser behüteten Gemeinschaft ist die Freiheit von demenzkranken Menschen gewährleistet. Die Bewoh nenden leben in einem Umfeld, das überwiegend auf ihre früheren Lebenssituationen abgestimmt ist, in dem sie – ihren Möglichkeiten entsprechend – aktiv sein kön nen, eine hohe Lebensqualität und weitgehende Norma lität geniessen. Sie erledigen die einfachen Dinge des Alltags nach Möglichkeit auch weiterhin selber – wenn nötig aber mit Begleitung und Unterstützung - und kön nen sich trotz ihrer Krankheit auf dem ganzen Areal frei bewegen, z.B. spazieren, sich in den Garten setzen oder auch im Dorfladen etwas einkaufen gehen. In kleinen und zielgruppenorientierten Wohngruppen mit max. sieben Personen wird auf die spezifischen Lebens bedürfnisse der Gäste eingegangen. In den jeweiligen Wohneinheiten leben Menschen, deren Betreuungs- und Pflegebedarf stark durch Wahrnehmungs-, Orien tierungs- und Gedächtnisprobleme geprägt und deren Verhalten möglicherweise verändert ist. Betreuung und Pflege sind qualitativ hochwertig und auf dem neuesten Stand. Die Wohnungen sind einfach ausgestattet, damit die Menschen sich sofort zurechtfinden. So öffnen sich auch die Türen der Lifte in den Häusern automatisch und bringen die Demenzkranken direkt zu ihren Räumen - ohne, dass sie einen Knopf drücken müssen.

Die soziale Interaktion bleibt erhalten, da die kleinen Gruppen mehr Begegnungen zulassen, die wiederum die Lebensqualität verbessern. Der Eintritt in ergänzende Wohnangebote auf dem Areal (ausserhalb vom Dorf für Menschen mit Demenz) kann allerdings auch schon in einem früheren Stadium erfol gen, während die Bewohner:innen noch einen höhe ren Grad an Selbständigkeit aufweisen respektive die Krankheit noch nicht so stark fortgeschritten ist. Die Idee hinter dem Projekt ist es, den Demen zerkrankten so weit wie möglich ein selbstbe stimmtes Leben zu ermöglichen, sie gleichzeitig aber auch an die Hand zu nehmen. Dieser neuartige Ansatz basiert auf dem Normalitäts prinzip - einen möglichst normalen Alltag auf ihre Art erleben in einer ordentlichen dörflichen Umgebung zu bieten und geht davon aus, dass Menschen mit Demenz in einer Umgebung gepflegt werden sollen, die derjeni gen ihres früheren Lebens möglichst nahe kommt. Das Konzept ist jedoch nicht unumstritten, wie auch ganz allgemein die Frage der fürsorglichen Täuschung. Andererseits kommen hier zahlreiche Aspekte wie die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zum Tragen. Kritiker dieses Modells bestehen darauf, dass den Men schen eine künstliche Scheinwelt vorgegaukelt wird.

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