Stark Vital Nr. 25

Gesell schaft

Japan – Roboter halten Einzug in Altersheime Die alternde Bevölkerung eröffnet Science-Fiction-Szenarien

Umfragen zufolge scheint es, dass die grosse Mehrheit der Bewohner von Altersheimen dem Einsatz von And roiden in der Pflege positiv gegenüberstehen. Die meisten Geräte, die in Altersheimen eingesetzt wer den, sind eigentlich Assistenzroboter, die dem Personal beim Heben, Bewegen und Überwachen älterer Men schen unterstützen. Ausserdem können sie sensori sche Informationen wahrnehmen und verarbeiten sowie Handlungen ausführen, die Menschen mit Behinde rungen und älteren Erwachsenen im täglichen Leben helfen. Roboter sind hilfreich insbesondere für Patien ten, die an Demenz leiden oder sich nicht selbst ver sorgen können, da sie kleine materielle Hilfen bieten, z. B. das Aufheben von Gegenständen, den Übergang zwischen Bett und Rollstuhl erleichtern oder als Stütze beim Gehen dienen. Androiden können auch kleine Aufgaben wie das Holen von Nahrung und Wasser übernehmen oder an die Einnahme von Medikamenten erinnern. Soziale Roboter sind hingegen Apparate, die mit Men schen und untereinander auf sozial akzeptable Weise interagieren - und gleichzeitig z.T. gegen Gedächtnis verlust wirken. Einige Modelle sind sogar in der Lage, Gesellschaft zu leisten, indem sie einfache Gesprä che mit den Bewohnern der Altersheimen führen. Kurz gesagt, Roboter sind inzwischen zu intelligenten (und unverzichtbaren) Begleiter geworden.

Die Bevölkerung altert in Japan schneller als in jedem anderen Land. Mehr als ein Viertel der japanischen Bevölkerung ist heute über 65 Jahre alt, der höchste Prozentsatz aller OECD-Länder und bis 2050 wird die ser Anteil voraussichtlich auf etwa 40 Prozent anstei gen. Die demographische Entwicklung ist von der hohen Lebenserwartung (84 Jahre*) kombiniert mit einer niedrigen Fertilitätsrate (1,36 Kinder pro Frau*) geprägt. Der fehlende Generationswechsel spiegelt sich auf dem Arbeitsmarkt wider, die Folge ist ein Mangel an Pfleger:innen in Altersheimen. Da Japan im Gegensatz zu anderen Ländern jedoch nicht über eine Einwanderungspolitik verfügt, mit der sich Beschäfti gungslücken schliessen lassen, wird der Einsatz von sogenannten « Care Robots », Robotern für die Pflege älterer Menschen, zu einer echten gesellschaftlichen Notwendigkeit. (*statista.com) Prognosen zufolge wird etwa die Hälfte der japanischen Bevölkerung in Zukunft medizinische Versorgung und Unterstützung zu Hause benötigen, wobei es immer weniger junge Menschen im erwerbsfähigen Alter gibt. Da für Japan die Einwanderung keine praktikable Antwort für das demographische Problem darstellt, sehen immer mehr Wissenschaftler in Maschinen und Robotern die einzige Lösung, um älteren Menschen die benötigten Dienstleistungen zu bieten. Die Idee der Pflegeroboter wurde aus diesem Bedarf heraus geboren. Diese Entwicklung wurde von der japanischen Regierung gefördert, um den prognostizierten Mangel an 380’000 Fachkräften bis 2025 zu beheben. Der Gedanke, dass Roboter bei der Pflege älterer Men schen helfen können und damit eine Aufgabe, die nor malerweise als menschlich angesehen wird, teilweise übernehmen, mag im Westen befremdlich wirken. Viele Japaner sehen diese Lösung jedoch mit einem positi ven Blick, vor allem weil Pflegeroboter in den populären Medien als freundlich und hilfreich dargestellt werden.

Ein exportfähiges Modell Das Land der aufgehenden Sonne ist in der fortschritt lichen Robotik weltweit führend, auch weil es klare wirt schaftliche Gründe für deren Entwicklung gibt, da die meisten Unternehmen darin ein grosses geschäftliches Potenzial sehen. Ausserdem subventioniert die japa nische Regierung Unternehmen, die Roboter herstel len, und Altersheime, die sie kaufen. Darüber hinaus haben Behörden und Unternehmen ein grösseres Ziel im Auge, eine potenziell lukrative Exportindustrie: Die Lieferung von Robotern an China oder an europäische Länder, die jetzt und in naher Zukunft vor ähnlichen demographischen Herausforderungen wie Japan ste hen. In der Tat werden einige Produkte bereits in den Westen exportiert.

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