Stark Vital Nr. 19

Er nährung

Flexitarier Die flexiblen Vegetarier Immer mehr Menschen zählen sich zu den sogenannten Flexitariern. Der Ausdruck "flexitarian" kommt aus der Kom bination von zwei englischen Wörtern: "flexible" und "vege tarian". Der Begriff wurde erstmals 1992 von der Reporterin Linda Anthony eingeprägt. Im Jahr 2003 wurde dann "flexita rian" von der American Dialect Society (ADS) zum nützlichsten Wort des Jahres gewählt. Laut einer Studie über Essgewohnheiten, die von Statista im November 2020 veröffentlicht wurde, sind Flexitarier 20,5 Pro zent der Schweizer Bevölkerung und ihre Anzahl steigt konti nuierlich. 2017 waren es hingegen noch 17 Prozent, so eine Umfrage zum Essverhalten der Schweizer, die das Marktfor schungsunternehmen DemoSCOPE im Auftrag von Swissveg durchführte.

Keine Lust zum Verzichten? Dann zumindest reduzieren Im Vordergrund der flexitarischen Ernährung stehen Gesund heits-, Umwelt- und Tierschutzaspekte. Flexitarier haben ein klares Bewusstsein für ihre Gesundheit, die sie fördern wollen. Sie wissen, dass sich ein reduzierter Konsum tierischer Produkte positiv auf ihre Gesundheit aus wirkt, anstatt weiterhin ungestört grosse Mengen an Fleisch zu essen. In Bezug auf dieses Thema bestätigt unter ande rem Abigail Pace der Western Kentucky University in ihrem Bericht "Benefits of a Flexitarian Diet" , dass schon weniger Fleischkonsum das Risiko verringert, einige Krebsarten zu ent wickeln, vorausgesetzt dass es mit körperlicher Aktivität ein hergeht. Die flexitarische Ernährungsweise mit wenig Produkte tierischer Herkunft und viel Obst und Gemüse wirkt sich posi tiv auf das Herz-Kreislauf-System und ermöglicht eine bessere Kontrolle von Cholesterin, Triglyceriden und Blutdruck. Die Wahl dessen, was auf den Tisch kommt, hat auch Aus wirkungen auf unsere Umwelt. Die flexitarische Diät wurde daher auch im EAT-Lancet-Bericht, eine vollständige Untersu chung über eine gesunde Ernährung aus einem nachhaltigen Lebensmittelsystem, als eine "umweltverträgliche Ernährungs weise" angeführt. Nach Angaben des WWF belastet die Tier haltung insbesondere die Umwelt, da sie grosse Mengen an Energie benötigt und wesentlich höhere Treibhausgasemissi onen verursacht als der Anbau von pflanzlichen Nahrungsmit teln. Aus diesem Grund warnen die Experten, dass eine flexi tarische Lebensweise schon einen Unterschied zum Thema Umwelt machen kann, denn tierische Proteine sind im Schnitt für die Hälfte der ernährungsbedingten Umweltbelastungen verantwortlich. Je weniger von ihnen, desto besser für das Klima und die Umwelt, denn auch der Wasserverbrauch für die Produktion von pflanzlichen Proteine ist geringer als für die Produktion der gleichen Menge tierischen Eiweisses. Ein parti elles "Zurück zu einer pflanzlichen Ernährung“ weltweit scheint eine sinnvolle Alternative für eine nachhaltige Zukunft zu sein. Dazu meint Christoph Meili, Ökobilanzexperte WWF Schweiz: «Wer seinen Speiseplan mit vegetarischen Gerichten anreichert und Fleisch- und Milchprodukte als etwas Besonderes geniesst, tut der Umwelt viel Gutes.» Und dann gibt es noch einen weiteren Aspekt, nämlich die Zustände in der Massentierhaltung, die auch ein Grund für das Aufkommen des Flexitarismus sind. Das Tierwohl soll gewährleistet sein. Wenn dann mal Fleisch gekauft wird, ach ten Flexitarier darauf, dass dieses aus artgerechter Haltung aus naturnahen Betrieben stammt. Die Wahl des Bio-Siegels garantiert ihnen ein hochwertiges Produkt. Im Grossen und Ganzen pflegen Flexitarier einen achtsamen und bewussten Lebensstil, der grossen Wert auf Nachhaltigkeit legt. "Essen ist eine Notwendigkeit, aber intelligent zu essen ist eine Kunst" François de La Rochefoucauld Schliesslich geniessen die Flexitarier die Freiheit, sich prob lemlos an das soziale Umfeld anzupassen: Sie können Fleisch essen, wenn sie ins Restaurant gehen oder zu einem gesell schaftlichen Ereignis eingeladen sind.

Die flexitarische Ernährung, eine kombinierbare Option Wenn es Zeit zum Essen ist, können die Auswahlmöglichkei ten endlos erscheinen. Mehr verfügbare Lebensmittel als je zuvor das ganze Jahr über und eine ständige Überflutung von Ernährungsempfehlungen zur Vorbeugung von Krankheiten können verwirrend wirken. Der Konsument muss beim Ein kaufen eine wohlüberlegte Entscheidung treffen. Letztlich was man essen möchte, ist eine ganz persönliche Angelegenheit, die auf Vorlieben, Abneigungen und Überzeugungen basiert. Fleisch konsumieren oder darauf verzichten? Und was ist mit Fisch oder Milch und Molkereierzeugnisse? Oder wäre es angebrachter, ganz einfach Restriktionen zu vermeiden und ein wenig von allem zu sich zu nehmen? Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist der Flexitaris mus entstanden. Eine Esskultur, die keine Verbote auferlegt und die eigene Ernährung frei und individuell zusammenstellen lässt. Flexitarier bevorzugen eine vorwiegend vegetarische oder vegane Ernährungsform, die jedoch Lebensmittel tie rischer Herkunft zulässt. Daher essen sie gelegentlich auch Fleisch und Fisch, Milch und Joghurt, Käse und Honig. Es handelt sich um eine Diät, die maximale Freiheit auch bei der Wahl der Fleischsorte überlässt, weiss oder rot. Der Fleisch konsum, in Massen gehalten, steht auf dem Speiseplan, ist aber nicht Mittelpunkt der Ernährung. Flexitarier sind oft Menschen, die auf ein Steak ab und zu nicht verzichten wollen, aber den Fleischverzehr bewusst auf ein Minimum einschränken. Daher wechseln sie Phasen ohne Fleisch- oder tierische Produkten mit Zeiträumen omnivorer Ernährung ab. Der Schlüssel zum Flexitarismus ist eben die Häufigkeit.

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