FITNESS TRIBUNE Nr. 141 Archiv aus dem Jahr 2013

Glos se

Fitness: Die Zukunft Vier zur Auswahl: Welche Zukunft hätten Sie gern?

Dr. Rixa Kroehl Projektmanagerin, Institut für Zukunfts forschung und Wis sensmanagement (IFK), EBS Universi tät für Wirtschaft und Recht

Dr. Heiko von der Gracht Leiter des Instituts für Zukunftsforschung und Wissensmanage ment (IFK), EBS Uni versität für Wirtschaft und Recht

Wie zukunftskompetent sind Sie? Szenarien sind der Kern der Zukunftskompetenz. Jede(r) kennt das vom Urlaub: Es geht in die Dom. Rep. Also Badehose eingepackt für sonnige Badetage (1. Szenario). Aber auch den Pulli für kühle Tage (2. Szenario). Und den Taschenschirm für den gelegentlichen Schauer (3. Sze nario): Jetzt kann der Urlaub kommen – weil alle denkba ren Szenarien abgedeckt sind. Wenn das mit dem Urlaub klappt, warum klappt das dann nicht mit der strategischen Unternehmensführung von Fitness-Studios? Weil viele Unternehmer in eine Falle tappen. Die ABBA-Falle Je besser die Branchenkonjunktur läuft, desto eher den ken Menschen unwillkürlich: „ Was soll sich schon gross ändern? Alles bleibt beim Alten!“ – kurz: ABBA. Was die meisten dabei übersehen: Dass alles beim Alten bleibt, ist in unseren bewegten Zeiten extrem unwahrscheinlich – aber sehr bequem. Wer in diese Bequemlichkeitsfalle tappt, dem entgehen jene Extremszenarien, die sein Business extrem bedrohen. Die IFK-Studie identifiziert drei dieser Bedrohun Haben Sie ein Smart Phone? Dann halten Sie das Stu dio der Zukunft in Händen. Unter anderem adidas arbei tet bereits heute an der Entwicklung des E-Workout. Wozu noch ins Studio gehen, wenn jeder jederzeit an jedem Ort seinen Personal E-Coach per Smart Phone oder Tablet akti vieren kann? Mit dem erweiterten Cardio-Band um die Brust zeichnet der E-Coach darüber hinaus eine ganze Palette von Vitaldaten des Sportlers auf und sendet sie zur Doku mentation und Auswertung an die Systemzentrale. Die ers ten Anzeichen dieser Zukunft erleben wir heute schon. Eine neue Bewegung ist entstanden mit dem Namen Quantified Self oder auch Self-Tracking. Sie heisst so, weil ihre Follo wer minütlich ihre Vitaldaten wie Herzfrequenz, Blutdruck, Ernährung und Bewegung festhalten, dokumentieren und elektronisch analysieren. Die Apps dazu gibt es bereits: Fit ness Buddy, Sleep Cycle, Calorie Tracker, Couch to 5 k, P90X, SparkPeople, Joe‘s Goals ... Was früher der Trainer machte, kommt jetzt von der App. Selbst das Zusatzge schäft der Studios mit Shakes, Riegeln, Ernährung, Klei dung und Literatur übernimmt der E-Coach. Dann kann das Studio einpacken? Nein. Es kann einpacken, wenn es von diesem Extremszenario überrascht wird. Wer sich frühzeitig darauf einstellt, wird genau das nicht. Schon heute inves tieren weitsichtige Studiobetreiber in die Konzeptionierung und Ent-wicklung von modernen Workout-Apps oder bieten App-nutzenden Kunden gut abgestimmte Kombi-Pakete aus Präsenz-Training und Datentracking an. So meistert man die Zukunft. gen – und wie man sie meistert. Das Techno-Fit-Szenario

Viele halten Fitness für eine Freizeitbeschäftigung. Dabei ist Fitness eine der ältesten Kulturformen der Menschheit. Vor allem ist sie ein Innovationstreiber son dergleichen. Das scheinen viele TrainerInnen und Stu diobetreiberInnen vergessen zu haben: Die Zukunft der Branche ist bedroht. Fitness ist keine Mode. Fitness ist so alt wie die Menschheit. Schon vor 6000 Jahren liessen die ägyptischen Pharaonen Piktogramme von Kraftübungen in ihren Pyramiden anbrin gen, wie man sie im Prinzip heute noch in jedem Studio findet. Der Pharao als Fitness Instructor! Das ist innovativ. Genau das ist der springende Punkt: Innovation. Geschichte der Fitness Geschichte der Innovation Als Milon von Kroton vor 2500 Jahren einen Jungstier auf seinen Schultern zu stemmen begann, erfand er ganz nebenbei das Prinzip der progressiven Belastung. Denn der Stier wuchs mit jedem Tag und wurde schwerer. Milon erntete prompt den Lohn seiner Innovation. Er war 24 Jahre lang während sechs aufeinanderfolgender Olympiaden in der Kampfarena ungeschlagen und avancierte zum erfolg reichsten Olympioniken aller Zeiten. Etwa um dieselbe Zeit erfanden die Spartaner die zentrale Innovation der heutigen Moderne: Fitness ist keine Gymnastik! Fitness ist kein Han telstemmen! Fitness ist Way of Life, ist Lebensstil und Geis teshaltung. Als Lohn für diese Kulturinnovation erlangten die Spartaner am 11. August 480 v. Chr. bei den Thermopylen mit nur 300 durchtrainierten Athleten ihren legendären Sieg gegen die 40.000 Mann starke Übermacht des persischen Grosskönigs Xerxes. Innovation siegt – auch wenn sie teuer bezahlt wird, wie zum Beispiel von Pheidippides zu Mara thon, der bei seinem legendären Lauf nach 40,2 km nicht wegen eines Mangels an Ausdauer vom Tod ereilt wurde, sondern weil er nach der Belastung zu abrupt gestoppt hatte. Sein Tod begründete die Notwendigkeit des moder nen Cool Down. Und so ging das weiter. What is The Next Big Thing? In den Arenen der alten Römer erfanden die Gladiatoren das Funktionelle Training, indem sie – ähnlich wie heute Navy Seals – mit Zusatzgewichten trainierten. Und so innovierte die Branche über die Jahrhunderte. Nautilus, Kieser, Tech nogym, Precor, Milon, – alles bahnbrechende Innovato ren. Und heute? Wie geht es weiter? Über diese Frage wird schlicht zu wenig nachgedacht. Das Wachstum der letzten Jahre hat kurzsichtig gemacht. Es wird zu wenig in Strategie, Innovationsmanagement und Zukunftskompetenz investiert. Exakt diesen Mangel versucht die Studie „The Future of the European Fitness Industry 2030“ zu beheben. Wie? Mit vier Szenarien und den dazugehörigen Future Tools.

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