FITNESS TRIBUNE Nr 111 Archiv aus dem Jahr 2008

Equipment Testing

Testkriterien Was unterscheidet ein gutes von einem weniger guten Gerät? An erster Stelle steht hier mit grossem Abstand die Funktionalität. Eine Trainingsmaschine muss die Trainingsqualität bieten, wofür sie gebaut wurde. Sie kann hochwertig gebaut sein, sie kann schön sein, sie kann bequem sein, sie kann die strengsten Sicherheitsanforderungen noch überbie ten, aber wenn keine hochwertige Funk tionalität gegeben ist, sind alle ande ren Vorteile nur noch wenig wert! Ein Auto kann einen grossen Kofferraum, bequeme Sitze, eine gute Klimaanlage und ein edles Design aufweisen, aber wenn die Bremsanlage unzureichend ist, der Motor nur gelegentlich anspringt oder das Auto auf regennasser Strasse die Spur nicht halten kann, interessieren diese Vorteile nicht mehr. Wem dieser Autovergleich zu krass erscheint, dem sei gesagt, dass in punkto Funktionalität die Qualität von Fitnessmaschinen sich noch nicht annähernd mit der Qualität von Automobilen messen kann. Das heisst, im Bereich des Fitnessequipments ist der obige Auto-Vergleich durchaus legitim. Wenn man nun hört, dass sich die Maschinen in ihrer Funktionalität kaum noch unterscheiden, dann wird hier häu fig aus Unkenntnis oder aus firmenpo litischem Motiv die Funktionalität auf einige wenige Aspekte wie die Grund bewegung, die Einstellbarkeiten oder die Exzenterscheibe reduziert. Ein folgen schwerer Irrtum! Denn erst die Summe aus ca. 40 Parametern, von denen einige wichtige in den Tabellen aufgelistet sind, qualifiziert die Funktionalität einer Maschine. Kernpunkte sind hierbei die Biomechanik und die Ergonomie. Bei geringen Gewichten scheinen viele Maschinen sehr gute Bewegungsabläufe anzubieten. Ausgereifte Maschinen beweisen ihre gute Biomechanik jedoch erst beim Einsatz von hohen Gewichten. Wenn der Körper alle Reserven für die Lastüberwindung einsetzen muss, kann er fehlerhafte Achsen, ungünstige Wider standsverläufe und Positionierungsmän gel der Maschine nicht mehr kompensie ren. Bei kleinen Lasten braucht es eine enorme Bewegungserfahrung, um bio mechanische Schwächen zu entdecken. Bei höheren Lasten können jedoch weit mehr Sportler und Trainer eventuelle Schwachpunkte erkennen. Neben der Funktionalität, stellen die Kategorien: Sicherheit, Bedienungskom fort, Wartungsfreundlichkeit, Langlebig keit, Design, Verarbeitungsqualität und Materialien und natürlich der Preis wei tere wichtige Bewertungsfelder dar.

Funktionalität Zunächst einmal muss die Übungs kinematik stimmen. Das bedeutet, die eigentliche Bewegung muss den Anfor derungen der Gelenksmechanik entspre chen. Wenn z.B. ein Gelenk beübt wird, welches nur beugen und strecken kann, sollte es bei einer geführten Krafttrai nings-Bewegung unter Last nicht mit Schubkräften oder Rotationsdrehmo menten konfrontiert werden. Die Position der Maschinen- Drehachse und/oder die Bewegungsbahn der geführten Hebel/ Schlitten sind hierbei ganz wesentliche Charakteristika. Die Übung soll die zu trainierende Muskulatur möglichst effektiv erfas sen und dabei keine unphysiologischen Belastungen produzieren. Das bedeutet z.B., dass die nicht trainierten Gelenke unbelastet oder stabilisiert sein müssen und dass der erzeugte Kraftfluss mög lichst über die stabilsten Systeme abge leitet wird. Effektives Muskeltraining kann dabei hohe Isolation, aber natürlich auch Training in koordinativ sinnvollen Mustern und Schlingen bedeuten. Die Muskulatur sollte möglichst über ihre volle kontraktile Länge trainiert werden, damit u.a. Muskelverkür zungen, verringerter Gelenkschutz und nur partielle Knorpelstärkungen vermie den werden. Dieser Bewegungsumfang wird in ROM (range of motion) angege ben. Begrenzung erfährt der maximale ROM-Wunsch durch die Gefahr einer Zwangslage . Diese ist gegeben, wenn an den Bewegungsendpunkten die Gelenke oder die tendomuskulären Strukturen unphysiologische Spitzenbelastungen erfahren können. Mehrere unabhängige Untersuchungen in den 90er-Jahren konnten aufzei gen, dass eine maschinell vorgegebene Widerstandskurve , die die körper eigene Kraftkurve simuliert, im Sinne der Muskelentwicklung nicht automa tisch effektiver ist. Wohl aber macht eine Widerstandskurve Sinn, die es ermögli cht, Belastungsspitzen in Abhängigkeit vom Bewegungsweg oder Gelenkwinkel zu reduzieren. Nun wird beim Krafttraining ein Gewicht nicht nur angehoben und wie der abgesenkt, sondern dazwischen auch mehr oder weniger schnell bewegt. Neben der Hubarbeit wird also auch Bewegungsarbeit verrichtet. Auch Rol len, Exzenter und Hebel werden bewegt. Je mehr Massen bewegt werden und umso schneller sie werden, desto grösser ist die Trägheit der Bewegung. Je mehr Trägheit ein System aufweist, desto grösser sind die aufzubringenden Kraft spitzen bei jeder Wiederholung, bei jedem Satz, bei jedem Training. Hohe Widerstandsträgheiten limitieren die Einsetzbarkeit und reduzieren das ein setzbare Widerstandsspektrum. Die aufgeführten vergleichenden Geräte-Tabellen listen einige wichtige Kriterien auf, die bzgl. Effektivität und Vergleichbarkeit eine wesentliche Rolle spielen. Aus Platzgründen konnten nicht alle Aspekte, die in die Bewertung ein flossen, mit aufgelistet werden.

Auf den nachfolgenden Seiten werden 84 getestete und mit dem Gütezeichen versehene Geräte, d.h. 70 Maschinen und 14 Bänke von 10 verschiedenen Top-Herstellern – Cybex, David, Gym80, Life Fitness, Matrix (Johnson Health Tech), Nautilus, Panatta-Sport, Schnell, SportsArt, Technogym – vor gestellt. Jedes dieser Produkte wurde auf „Herz und Nieren“ geprüft und in Form des Gütezeichens auch bewertet (siehe Kasten Bewertungsskala). Die Herstel ler können nun, wenn sie es wünschen, gegen eine jährliche Gebühr von Euro 1‘350.- pro Gerät mit diesem Gütezei chen auf ihren Anzeigen, Prospekten, Angeboten etc. Werbung für ihre Pro dukte betreiben. Jedes Testresultat ist jedoch auch immer relativ, denn es wurde nicht von allen Geräteherstellern, bzw. von allen ande ren Marken oder das gesamte Sortiment der Geräte getestet. Ziel ist es jedoch, in Zukunft nach und nach sämtliche Her steller in den entsprechenden Geräte gruppen zu testen und mit einem aussa gekräftigen „Gütezeichen“ zu versehen, damit einerseits potenzielle Kunden, aber andererseits auch die Hersteller wissen, in welchem Bereich und auf wel chem Niveau sich die entsprechenden Maschinen, Geräte und Bänke bewe gen. Vor jeder Bewertung folgt ein seriöser, intensiver Test. Es würde uns freuen, wenn sich in Zukunft mehr Hersteller bei uns anmelden, respektive bei einer Aufforderung für ein Testverfahren kooperativer zeigen würden. Wo wäre heute, in Bezug zum Sicherheitsstan dard, die Autoindustrie, gäbe es keine Crashtests? Wo wäre die heutige Fit ness-, Sport-, Reha-, Medical-Industrie …, gäbe es keine wissenschaftlich fun dierten Qualitäts- und Sicherheitstests? Selbstverständlich fallen bei den Tests auch Kosten für die Hersteller an. Die Vorteile liegen aber auf der Hand. Sind die getesteten Geräte mit VERY GOOD und GOOD im Gütezeichen versehen, kann der Hersteller dann diese positive Nachricht auch weiter vermitteln. Mit dem Testverfahren vom Dr. Gott lob-Institut und der FITNESS TRI BUNE und dem daraus resultierenden „Gütezeichen“ werden Ist-Zustand, aber auch eventuell Verbesserungsvorschläge aufgezeigt, die nicht nur dem Herstel ler, sondern auch den Benutzern helfen sollen, die möglichst besten Geräte für ihren Trainingseinsatz aussuchen zu können.

Bewertungsskala Sehr gut 1.0 − 1.5 very good Gut 1.6 − 2.5 good

Befriedigend 2.6 − 3.5 satisfactory Ausreichend 3.6 − 4.5 unsatisfactory Mangelhaft 4.6 − poor

Dr. Axel Gottlob

Fitness Tribune 111

71

Made with FlippingBook - Online magazine maker