FITNESS TRIBUNE Nr 111 Archiv aus dem Jahr 2008

Austria News

Jetzt auch in Österreich: (Ein Bericht ohne Kommentar!) „Bewegung auf Krankenschein !“ Der 10. und 15. Wiener Bezirk werden von der Wiener Gebiets krankenkasse (WGKK) als „Risikobezirke“ eingestuft. Bewohner dieser Bezirke werden statistisch häufiger krank und sterben frü her als Einwohner anderer Wiener Gemeindegebiete. Ein hoher Anteil an Migranten, geringere Bildung und niedrige Einkommen sind auch verantwortlich für eine niedrigere Lebenserwartung.

Laut WGKK-(Wiener Gebietskranken kasse) Obmann Franz Bittner , sterben Frauen in Rudolfsheim-Fünfhaus um 2,5 Jahre früher als in „Nobelbezir ken“ wie Hietzing oder in Döbling. Die Krankenkasse will nun gezielt auf diese Gesundheitsungleichheiten reagieren. Unter anderem startet jetzt im Rah men des Projektes „Bewegt gesund“ ein Pilotversuch in diesen beiden Bezirken. Bekämpft werden sollen damit Folge Erkrankungen, die von falscher Ernäh rung und Bewegungsmangel verursacht werden. „Es werden Kurse empfohlen, die auch für Leute geeignet sind, die jahrelang Couch-Potatoes und Schreib tischleichen waren“ , erläutert WGKK Sprecherin Gabriele Pflug gleich vor weg. Wassergymnastik, Pilates, Yoga, Nordic Walking und asiatische Kampf sportarten seien wenig schweisstreibend und gelenkschonend – und somit auch für bewegungsentwöhnte Menschen vertretbar. Ärzte verschreiben Bewegung ab BMI 25 Künftig können Ärzte im 10. und 15. Gemeindebezirk „Bewegung auf Rezept“ verschreiben. Möglich ist dies für alle WGKK-Versicherten, die zur Vorsorgeuntersuchung gehen und unter den gesundheitlichen Risikofaktoren wie Übergewicht, erhöhter Blutdruck oder erhöhte Blutfettwerte leiden und Gefahr laufen, an Stoffwechselkrank heiten wie zum Beispiel Diabetes zu erkranken. Grundvoraussetzung für die Teilnahme ist zunächst, eine „Vorsor geuntersuchung neu“ zu machen. Stellt der Arzt dabei einen Body-Mass-Index von über 25 und einen Bauchumfang von mehr als 88 Zentimetern (bei Frauen) beziehungsweise 102 Zenti metern (bei Männern) fest, dann kann er die Bewegungstherapie verschreiben. Zunächst sollte einmal pro Woche Sport betrieben werden. Das mittelfristige Ziel ist, dass die Menschen dann durch die Gruppendynamik die Kurse weiter besuchen. Gleichzeitig werden sie durch Ernährungsberater betreut. So soll eine ganzheitliche Umstellung der Österrei

cher auf eine gesündere Lebensweise gelingen – so zumindest die Hoffnung der Politiker. Bis zu zwei Semester lang kann die Bewegung auf Krankenschein in Anspruch genommen werden; nach einem Jahr wird das Pilotprojekt, das noch in diesem Monat starten wird, evaluiert. Die Teilnehmer werden zu einer Kontrolluntersuchung eingeladen, wobei die Krankenkasse auf Verbesse rungen nicht nur bei den Laborwerten, sondern auch in der Einstellung und bei den Lebensgewohnheiten hofft. „Viele müssen Bewegung erst wieder lernen“, sagt Pflug. Deswegen sind die Trai ner angehalten, darauf zu achten, dass die Teilnehmer nicht nach dem ersten Schwitzen wieder aufgeben. Die WGKK hofft, rund 200 Menschen pro Semester zu erreichen. 35.– Euro pro Halbjahr Das „Bewegungs-Rezept“ gilt für ein Semester. Die Krankenkasse finan ziert maximal 35.– Euro pro Halbjahr. Für die Patienten stehen Sportkurse zur Auswahl – von Gymnastik, bis zu Bauch-Bein-Po-Kursen. Das Projekt startete im September 2007 und ist vor erst auf ein Jahr begrenzt. Nach einer Aktivierungsstudie zur Förderung des Sportengagements sind Österreicher sportlich wenig aktiv. 60 Prozent der Österreicher betätigen sich maximal einmal pro Monat sportlich. Folgende Argumente sollen den „Sportmuffeln“ Beine machen: Gesundheit, Fitness, Gewichtsreduktion. Besonders Frauen, Alleinerziehende, ältere Menschen und jene mit niedrigem Einkommen gehö ren zur Zielgruppe der Aktion. Mit entsprechenden Angeboten will man diesen Menschen die Schwellenängste zum Sporttreiben nehmen. So die wenig erfreuliche Studie von Otmar Weiss und Manfred Russo . Die Autoren regen ein Bonus-Malus System der Krankenkassen („Sport auf Krankenschein“) an, in dessen Rahmen regelmässige körperliche Aktivität (Nor dic Walking: Spazierengehen auf Kran kenschein) honoriert werden soll. Diese

Spur hält auch das „Grüne Rezept“, wonach Ärzte eher Bewegungs-Mass nahmen als Medikamente verschreiben sollten. Sportinteresse ist vorhanden Laut Studie ist das Sportinteresse in der Bevölkerung mit 86 Prozent sehr wohl vorhanden. Als bevorzugte Sportstät ten werden Wiese (79%), Wald (75%), Fluss und See (69%) angegeben. Nur 46 Prozent tummeln sich vorwiegend am Sportplatz. Reize, mit denen man Inaktive zum Sport locken kann, sind vor allem folgende: geringer Zeitauf wand, Möglichkeit zur Entspannung, kein Gruppenzwang, moderate Kosten und ein rascher merkbarer Erfolg. Ein Hauptaugenmerk liegt auch auf dem Schulsport. Otmar Weiss: „Man kann nicht früh genug mit Sport beginnen. Die Förderung startet im Elternhaus und im Kindergarten.“ Die Kürzungen der Turnstunden in den Schulen neh men den ambitionierten Aktionen den Schwung. „Wir müssen es schaffen, dem enormen Zuwachs von übergewichtigen und fettleibigen Kindern in Österreich Einhalt zu gebieten. Die Schule hat sich offensichtlich nicht schnell genug den wandelnden Verhältnissen ange passt.“ Computer und Fernseher werden Rädern und Laufschuhen vorgezogen. „Versäumt man es, ein Kind im goldenen motorischen Lernalter entsprechend zu fördern, so verliert man einen Lifetime Sportler“ , so der Autor warnend. Sport ist eben eine Lebensaufgabe. Anstieg von Zuckerkranken Mit der Aktion soll auch dem „ meta bolischen Syndrom “ zu Leibe gerückt werden, welches auf Übergewicht und Bewegungsmangel zurückzuführen ist, sich durch erhöhte Blutdruck und -fettwerte bemerkbar macht und Haup tursache für Diabetes ist. Geschätzte 400.000 Österreicher sind zuckerkrank, Zeitenwende: Einst Schönheitsideal – heute BMI 35 !

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