FITNESS TRIBUNE Nr. 104 - 2006

Hoogestraat Kolumne

7 Tage – 7 Studios

Seit Jahren bemühen sich viele Unter nehmer in der Fitnessbranche, als seri öse Anbieter für einen präventiven Markt anerkannt zu werden. Sie ste cken jedes Jahr grosse Beträge in die Fort- und Ausbildung ihrer Mitarbeiter, haben Partnerschaften im Gesundheits wesen aufgebaut und erhalten langsam eine Akzeptanz in der Bevölkerung, nämlich als Lebenspartner für den Kör per. Und nun das. Wildfremden Personen, die vorher das Wort Fitness nur aus den Medien kann ten, wird ermöglicht, nach 7 Tagen „Intensiv- Kurs“ ein eigenes Studio zu eröffnen. Obwohl doch tausende Per sonen mittlerweile 6 Jahre Tätigkeit in der Branche nachweisen müssen, bevor sie überhaupt jemanden in die Ausbil dung nehmen dürfen, der dann 3 Jahre lang nur unter Aufsicht arbeiten darf. Seriösen und langjährigen Anbietern in der Branche werden Kredite verwehrt, weil angeblich keine wirtschaftliche Zukunft mehr besteht, andere bekom men Unternehmungsgründungsdarle hen und Förderung bei dieser (7Tage) „Umschulung“, weil man sie möglichst schnell aus der Arbeitslosenstatistik ent fernen möchte. Wo bleibt die Qualität? Wo bleibt die Seriosität? Jeder Dachdecker muss heute einen Meistertitel vorweisen um einen Betrieb aufzumachen. Was ist die Konsequenz, wenn er in seinem Beruf einen Fehler macht? Es regnet durch. Was ist dagegen die Konsequenz, wenn eine unzureichend ausgebildete Person Fehler mit dem Training im Studio macht? Schmerzen, und das vielleicht für immer. Nach 7 Tagen „Lehrgang“ sollte kein Mensch in unserer Branche arbei ten dürfen. Erst wenn das der Fall ist, können wir immer noch die Hoff nung haben, nicht nur für den Zustand unserer Geräte, sondern auch für das, was wir damit machen, ausreichend bezahlt zu werden. Doch wollen wir hierbei auf die Mithilfe derjenigen warten, die selber in den letzten Jahren ihre festen Mitarbeiter konsequent gegen Auszubildende aus getauscht haben? Das Schlimme ist, es scheint vielen Mitgliedern egal zu sein. Hauptsache billig! Gehen diese Mit

glieder bei Krankheit und Schmerz auch zum billigsten Arzt? Dann gibt es auch noch diese Studios, die die Teilnehmer nach jedem Besuch am Oberschenkel messen und dazu erhalten die Mitarbeiter die Anweisung, dass es beim Messen vor der Bewegung im Vakuum immer mehr sein muss, als nach dem Training. Übrigens, Fett schmilzt bei 153 Grad Celsius, und nicht unter Alufolie. Das gibt meist nur Pickel. Auch die „Ernährungsberatung“ erhält immer neue Varianten: 5 x am Tag ein Eiweissdrink und das 7 Tage lang; dann 4 x am Tag ein Eiweissdrink und ein Esslöffel kalt gepresstes Öl; dann 3 x am Tag ein Eiweissdrink und ein Esslöffel Öl und 100g Kohlenhydrate aus Getreide, alles aus Nahrungser gänzungsmittel und dazu 2 - 3 x in der Woche 30 Minuten Bewegung – und 5 kg Fett sind in 3 Wochen verloren. Und wisst ihr was? Die Frauen machen es zuhauf und zahlen für diese 3 Wochen € 99,- und kaufen für den gleichen Betrag die Nahrungsergänzungsmit tel dazu. Wo bleibt da die lebenslange gesunde Einstellung zu Bewegung und Ernährung, von der die Branche vor her immer versucht hat zu predigen? Da ist mir die amerikanische Variante des Punktezählens noch lieber, die arbeitet zwar meistens mit Laien, aber hierbei kann es wenigstens nicht zu Nierenver sagen kommen. Das neueste in der Branche ist im Moment Kraft-„Training“ ohne Wider stand, für alle diejenigen Personen, die bisher noch nichts gemacht haben und der Kategorie „Frau, die keine grosse Muskeln haben will“ angehören. Dieses „Trainings- Prinzip“ soll mir mal einer genauer erklären, aber da kann ja wenigstens NICHTS passieren… Sich und seine Prinzipien zu verkau fen ist ja so einfach, wenn es dafür nur genügend Geld gibt. Aber es gibt einen alten Spruch, an den ich immer noch glaube: „Qualität und Glaubwürdig keit aufzubauen dauert lange, hält aber dafür oft ein Leben lang.“ Bis zur nächsten Fitness Tribune euer Hermann Hoogestraat 

Hermann Hoogestraat Geb. 28.11.1960 in Widdelswehr (tiefstes Ostfriesland), verheiratet. Mit 8 Jahren schwerer Autounfall, 13 Monate Aufenthalt im Kranken haus. Danach Rollstuhl, Gehwagen, der Wille wieder auf die Beine zu kommen und danach schneller zu laufen als die anderen.

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